SPD-Kompromiss holt Einfluss Privater in die DB

Das Bündnis „Bahn für Alle“ hat den Kompromiss der SPD-Spitze zur Bahnprivatisierung heftig kritisiert. „Die SPD knickt ein und macht sich zum Büttel des Koalitionspartners Union“, sagte Klaus Ihlau vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, einem der 15 Träger des Bündnisses. „Der Parteitagsbeschluss von Hamburg und Becks Versprechen wird mit Füßen getreten.“ Auch eine Minderheitsbeteiligung von 24,9 Prozent hole den Einfluss privater Miteigentümer in den gesamten DB-Konzern. „Die einzig vernünftige Lösung ist, die gesamte Privatisierung abzusagen und stattdessen das Bundesunternehmen DB AG als Hebel für eine nachhaltige und klimaschützende Verkehrspolitik im Personen- und Güterverkehr zu nutzen“, sagte Ihlau.

„Die Erfahrung bei Telekom und TUI zeigt, dass bereits ein paar Prozent Anteile einem Investor reichen, um massiv Einfluss zu nehmen“, erinnerte Diefenbach-Trommer vom Bündnis „Bahn für Alle“. „Mit jeder Variante des Steinbrückschen Holding-Modells wird der Einfluss privater Miteigentümer in den gesamten DB-Konzern geholt – auch auf die Infrastruktur, die Teil des DB-Konzerns ist.“ Zugleich könnten weder Gesetze noch Verträge dauerhaft sichern, dass es im Konzern einen gemeinsamen Arbeitsmarkt gibt, dass keine weiteren Anteile oder einzelne Unternehmen verkauft werden, dass private Miteigentümer Forderungen an die DB AG stellen und bei Nichterfüllung Milliarden Euro an Nachteilsausgleich fordern.

Die gesamte Struktur mit Subholdings sei „gefährlicher Murks“.“Es wird Aktenordner voller Verträge geben, zum Teil geheim, zum Teil so kompliziert, dass selbst Juristen die Folgen kaum einschätzen können“, warnte Ihlau vom Bündnispartner Attac.

Der Bund gebe ohne Not Einfluss auf die Verkehrspolitik auf, um wenige Milliarden einzunehmen. „Die Gewinne aus Investitionen in die Infrastruktur kommen am Ende der Rendite privater Miteigentümer zugute“, sagte Ihlau. „Schon heute fahren die gewinnträchtigen ICE auf weitgehend öffentlich finanzierten Gleisen.“

Die DB AG brauche kein Investorenkapital, sondern eine verkehrspolitische Strategie für eine Flächenbahn mit guten Anschlüssen. „Es ist eine Mär, dass die Deutsche Bahn AG vor großen Wettbewerbsherausforderungen steht. Im Fernverkehr wird es Wettbewerb bestenfalls um einige Verbindungen zwischen Großstädten geben. Große Teile des Fernverkehrs werden dieser Fixierung auf Rendite zum Opfer fallen. Am Ende zahlen dafür die Bahnkunden und die Länder, die statt Fernverkehr zum Ausgleich Nahverkehrszüge bestellen müssen“, sagte Ihlau.

Ob die SPD-Mitglieder den Kompromiss der Parteiführung mitmachen, werde sich zeigen. „Sollte die SPD diesen Plan umsetzen, tut sie sich selbst keinen Gefallen – damit vergrault sie Wähler. Einen Verkauf der Verkehrstöchter der DB AG wünschen nur zwölf Prozent der SPD-Anhänger, wie eine Emnid-Umfrage von Ende März ergeben hat“, sagte Ihlau. 73 Prozent der SPD-Anhänger sind gegen jede Bahnprivatisierung; ebenso 64 Prozent der Anhänger von CDU/CSU. Von den Unions-Anhängern wollen nur 14 Prozent den Verkauf des Transportbereichs. „Mit der Bahnprivatisierung macht sich die große Koalition zur Opposition des Willens der Bürgerinnen und Bürger.“

„Bahn für Alle“ ist ein Bündnis von 15 Organisationen aus Globalisierungskritikern, Umweltorganisationen, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Träger des Bündnisses sind Attac, Bahn von unten, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, Grüne Liga, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.

Für Rückfragen:

  • Klaus Ihlau (Attac), Telefon 0177 / 424 57 36
  • Stefan Diefenbach-Trommer (Bahn für Alle), Telefon 06421 / 93 30 50