Gründungsaufruf

Bahn für Alle wurde 2005 ins Leben gerufen. Im Frühjahr 2006 verabschiedeten sieben Organisationen den „Aufruf des Bündnisses Bahn für Alle“, der als sogenannter Gründungsaufruf für das Bündnis und als Kampagnenstart gegen den Bahnbörsengang gilt. Die Erklärung beginnt mit: „Im Herbst will der Deutsche Bundestag über den Verkauf der noch zu 100 Prozent im Bundesbesitz befindlichen Deutschen Bahn AG entscheiden.“ Das ist lange her.

Nicht zuletzt der Druck von Bahn für Alle hat den Börsengang der Deutschen Bahn AG verhindert. Ein riesiger Erfolg. Doch die Arbeit geht weiter. Immer wieder tauchen neue Privatisierungsgelüste auf, die es zu verhindern gilt. Und eine Verkehrswende mit einer attraktiven Bürger*innenbahn ist auch noch längst nicht Realität. Ohne sie aber kann die Mobilität der Zukunft nicht funktionieren. Mittlerweile tragen 20 Organisationen das Bündnis Bahn für Alle, und zwei Drittel der Bevölkerung sind gegen die Bahnprivatisierung.

Der Aufruf des Bündnisses aus dem Jahr 2006 ist inhaltlich weiterhin die Plattform von Bahn für Alle, auch wenn einige Angaben von der Zeit überholt wurden. Aktuelle Positionen stehen auf dieser Website. Was für eine Bahn wir uns wünschen, haben wir unter anderem in dem Text „Perspektiven für eine Bahn für Alle“ zusammengefasst.

Aufruf des Bündnisses Bahn für Alle

Auch von Ihnen hängt es ab, ob die Bahn vor dem Ausverkauf gerettet werden kann!

Im Herbst will der Deutsche Bundestag über den Verkauf der noch zu 100 Prozent im Bundesbesitz befindlichen Deutschen Bahn AG entscheiden. Ob in Form eines Börsengangs oder durch Verkauf einzelner Unternehmensteile an Anlagefonds: Für die Veräußerung der DB Güter- und Personen-Verkehrsgesellschaften im Wert von 30 Milliarden Euro sollen die Anleger rund fünf Milliarden bezahlen. Wenn sie dazu noch das Nutzungsrecht des Schienennetzes im Werte von 100 Milliarden Euro erhalten, dann könnten insgesamt acht Milliarden einmalig in den Bundeshaushalt fließen. Damit droht ein in 170 Jahren aus Steuermitteln aufgebautes Verkehrssystem der Verwertung von internationalen Anlagefonds unterworfen und deutlich unter Wert verkauft, ja fast verschenkt zu werden. Zusätzlich soll der Bund den nun von privaten Eignern bestimmten Schienenverkehr weiterhin mit jährlich zehn Milliarden Euro unterstützen, u. a. durch Bauzuschüsse für ICE-Strecken und Bezuschussung des Regionalverkehrs.

Selbst die Befürworter sagen Verschlechterungen voraus

Durch Zufluss privaten Kapitals werde die Bahn besser, argumentieren die Befürworter des Verkaufs. Doch allgemein wird damit gerechnet, dass kurz nach einer Privatisierung weitere 4000 von 35.000 Schienenkilometern stillgelegt werden. Für uns ein ernst zu nehmender Widerspruch!

Private Anbieter seien kundenorientierter, so die Befürworter. Dabei sind massive Verschlechterungen unter Bahnchef Mehdorn zur Renditesteigerung für den Börsengang durchgesetzt worden: Die Zerstörung des beliebten und fast kostendeckenden InterRegio-Systems, weil nur die teuren ICEs zwischen wenigen Großstädten für attraktiv gehalten werden; die Unpünktlichkeit u. a. infolge der Reduzierung von Personal und von Instandhaltungsmängeln; der Wegfall vieler Zugverbindungen und das unzureichende Platzangebot für Fahrgäste in Spitzenzeiten. Ein Vorgeschmack der drohenden reinen Renditeorientierung.

Konkurrierende Fernverkehrsgesellschaften verbesserten das Angebot auch auf der Schiene, sagen die Privatisierer. Doch die Privatisierung und Zerschlagung der britischen Bahn hat gezeigt: Gegeneinander konkurrierende Gesellschaften haben kein Interesse an einem gemeinsamen Tarif- und Fahrplansystem. Damit verliert die Bahn endgültig ihr Potential als Alternative zum Autoverkehr. Selbst das vom Bundestag in Auftrag gegebene Privatisierungsgutachten (PRIMON) sieht keine Verbesserungen für die Fahrgäste!

Das „wissenschaftliche“ Alibi für den Ausverkauf, das genannte Bundestags-Gutachten, untersucht Varianten des Ausverkaufs – nicht aber die im öffentlichen Besitz befindlichen Schweizer Bahnen. Die aber werden wegen Netz- und Zugdichte von der Bevölkerung doppelt so viel benutzt wie deutsche Bahnen und brauchen pro Personenkilometer weniger öffentlichen Zuschuss. Warum wurde das Modell dieser wahrscheinlich besten Bahn Europas nicht einmal untersucht?

Die wohl letzte Möglichkeit, Bürgereinfluss zu erhalten

Ob Privatisierung MIT oder OHNE Netz – es handelt sich um irreversible, nur schwer rückholbare Entscheidungen. Die Wiederverstaatlichung eines privatisierten Netzes würde horrende Entschädigungsforderungen der Investoren nach sich ziehen. Und auch bei einem Verkauf ohne Netz werden die Anleger mit dem rollenden Material auf Verschleiß fahren. Denn nur so lassen sich die erwarteten zweistellige Renditen erzielen. Am Ende droht die Einstellung des Schienenverkehrs in weiten Teilen des Landes, da der Staat kaum ein weiteres Mal für die Neuanschaffung des Zugmaterials aufkommen wird.

Wir wissen: Die ideale Bahn ist nicht eine zentralisierte Staatsbahn. Viele kreative Alternativen einer bürgernahen Bahn sind denkbar – aber nur dann, wenn nicht anonyme Investmentfonds, sondern der demokratische Wille der Bevölkerung maßgeblich ist. Darum dürfen wir den Ausverkauf der Bahn nicht zulassen – insbesondere nicht in Zeiten eines unerträglichen, Menschen und Umwelt belastenden Autoverkehrs sowie einer Ölknappheit, die den Hintergrund für Kriege bildet. Die verheerenden Erfahrungen mit anderen Privatisierungen (z.B. von Wasser) sollten uns alarmieren.

Unsere Chance, den Ausverkauf zu verhindern

Viele Beispiele zeigen: Wo sich deutlicher Widerstand in der Bevölkerung regt, weichen Privatisierungsbefürworter zurück! Darum versuchen viele Verantwortliche, die Entscheidung möglichst geräuschlos über die Bühne zu bringen. Entscheidend ist, dass viele Leute sich regen: Viele Fahrgäste; Umweltbewusste, die von der Notwendigkeit einer Verkehrswende überzeugt sind; Bahnbeschäftigte, die seit Jahren die Zerstörung ihrer Bahn am eigenen Leibe miterleiden müssen sowie Menschen mit staatsbürgerlichem Verantwortungsbewusstsein, die dem Ausverkauf von Volksvermögen nicht einfach zuschauen wollen!

Wenn auch Sie dem Kampagnenziel zustimmen, stärken Sie uns den Rücken! Informieren Sie sich unter www.bahn-fuer-alle.de oder melden Sie sich per E-Mail bei info@bahn-fuer-alle.de (wir versprechen, wir werden Sie nicht mit Mails überhäufen). Geben Sie den Aufruf weiter! Unterstützen Sie unsere Initiativen vor Ort! Angesichts der Werbemillionen unserer Gegner in Großbanken und Bahnvorstand braucht unsere Kampagne dringend finanzielle Unterstützung!

Träger des Bündnisses „Bahn für Alle“ sind

  • das globalisierungskritische Netzwerk Attac
  • der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
  • die Bahnfachleutegruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn
  • die gewerkschaftliche Initiative „bahn von unten“
  • die Naturfreunde Deutschlands
  • die Umweltschutzorganisation Robin Wood
  • die Verkehrsfachleute-Initiative Umkehr e.V.

Anmerkungen: Die E-Mail-Adresse im Aufruf wurde aktualisiert. Bahn für Alle arbeitet heute als ein Zusammenschluss von Organisationen und lokalen Gruppen. Zurzeit gehören 20 Organisationen dem Bündnis Bahn für Alle an. Wenn Sie regelmäßig über die Aktivitäten von Bahn für Alle informiert werden möchten, abonnieren Sie unseren Rundbrief.