Turmhoher Protest gegen Ausverkauf der Bahn

Ein riesiges Preisschild haben Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood heute Vormittag am Turm des Berliner Hauptbahnhofs direkt unter dem Logo der Deutschen Bahn in etwa 50 Meter Höhe angebracht. Auf dem neun mal dreizehn Meter großen Transparent der schwindelfreien Kletterer steht neben der Forderung „Stopp Bahnverkauf“, dass der Preis der Deutschen Bahn von 183 Milliarden Euro auf „jetzt nur noch 13 Milliarden Euro“ heruntergesetzt ist. Kommenden Freitag wird der Bundestag über den Gesetzentwurf zur Bahnprivatisierung debattieren. Robin Wood ist eine der 13 Organisationen im Bündnis „Bahn für Alle“.

Mit der Aktion will Robin Wood die öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken, dass der Bund die Bahn weit unter ihrem tatsächlichen Preis an der Börse verkaufen will. Das Bruttoanlagevermögen der Bahn beträgt nach Angaben aus dem Bundesverkehrsministerium derzeit rund 183 Milliarden Euro. Das sind die Kosten, die anfallen würden, wenn man das Verkehrssystem neu errichten würde. Verschiedene Expertisen gehen von einem Verkaufserlös von um die 6,5 Milliarden für die Hälfte der DB AG aus. Das heißt: Der Preis der kompletten Bahn würde beim Börsengang mit nur 13 Milliarden Euro veranschlagt, 170 Milliarden Euro öffentlichen Vermögens blieben auf der Strecke.

Am Morgen haben in mehreren Städten Aktionsgruppen von Attac und anderen Trägern des Bündnis „Bahn für Alle“ Flugblätter mit Informationen zur Bahnprivatisierung an Bahnpendler verteilt. Viele Fahrgäste zeigten anschließend ihren Protest gegen die Verkaufspläne und klebten sich einen Aufkleber mit der Aufschrift „183=13 Kein Ausverkauf der Bahn!“ an Jacken oder Taschen.

„Für einen Spottpreis will Verkehrsminister Tiefensee über Jahrhunderte aufgebautes Gemeineigentum verscherbeln“, sagt Monika Lege, Verkehrsexpertin bei Robin Wood. „Das widerspricht dem Grundgesetz. Denn das schreibt in Artikel 87e vor, dass der Bund bei der Organisation des Schienennetzes und des Schienenverkehrs das Wohl der Allgemeinheit gewährleisten muss.“ Auch das am Montag veröffentlichte Gutachten der Bundesländer bescheinigt dem Entwurf des Privatisierungsgesetzes klare Widersprüche zum Grundgesetz. Es ist das erste Mal, dass die Bundesländer einen Gesetzentwurf des Kabinetts per Gutachten auf seine Verfassungsmäßigkeit haben prüfen lassen.

Erfahrungen mit privatisierten Bahnen in anderen Ländern zeigen, dass dort nicht mehr, sondern weniger Verkehr auf der Schiene abgewickelt wird. „Teuer, gegen die Verfassung und ökologischer Unsinn — der Bundestag sollte übermorgen bei seiner ersten Lesung des Bahngesetzes nicht die Details der Netzrückübertragung klären, sondern erst einmal überzeugende Argumente präsentieren, warum die Bahn überhaupt privatisiert werden soll“, fordert Lege. Nach einer Umfrage im Juli lehnen zwei Drittel der Bevölkerung die Bahnprivatisierung ab.

„Bahn für alle“ ist ein Bündnis von 13 Organisationen aus Globalisierungskritikern, Umweltschutzverbänden und Gewerkschaften und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Träger des Bündnisses sind Attac, Bahn von unten, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, Grüne Liga, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.

Für Rückfragen: * Monika Lege (Robin Wood-Verkehrsreferentin), Telefon 040 / 380 892 12 (darüber auch vor Ort in Berlin erreichbar) * Ute Bertrand (Robin Wood), Telefon 040 / 380 892 22, presse@robinwood.de