Neue Umfrage: Große Mehrheit gegen Ausverkauf der Bahn

Aktivisten des Bündnisses „Bahn für Alle“ haben am heutigen Donnerstag vor dem Bundesrat gegen das geplante Bahn-Privatisierungsgesetz demonstriert. Zu sehen waren 16 Stoppschilder und ein großes Transparent mit der Aufschrift „Mehrheit der Bürger verlangt: Bahn-Privatisierung stoppen“. Der Anlass für die Aktion war eine Sonderkonferenz der Länderverkehrsminister zum Thema Bahnprivatisierung.

Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die geplante Teilprivatisierung ab, wie eine repräsentative Umfrage des FORSA-Instituts im Auftrag von „Bahn für Alle“ im Juli ergeben hat: 64 Prozent der Befragten sprachen sich gegen die Pläne der Bundesregierung aus. Auch neun Bundesländer haben sich im Vorfeld der heutigen Konferenz bereits ablehnend oder kritisch zu dem Gesetzentwurf geäußert. Das würde reichen, um das Gesetz zum Scheitern zu bringen.

„Fast zwei Drittel der Bundesbürger wollen, dass die Bahn vollständig in öffentlicher Hand bleibt. Darüber dürfen sich ihre gewählten Vertreter nicht hinwegsetzen“, sagte Werner Reh, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der „Bahn für Alle“ angehört. Die Ablehnung der Bahnprivatisierung ist im Vergleich zu einer FORSA-Umfrage im Mai 2006 um rund 20 Prozent gestiegen. Weniger als ein Drittel der Bürger befürwortet einen teilweisen Verkauf der Bahn an private Investoren. Trotzdem will die Führungsriege der großen Koalition das Bahn-Privatisierungsgesetz direkt nach der Sommerpause durch den Bundestag peitschen, um eine Einflussnahme durch die Bürger oder die Parteien zu verhindern. Werner Reh: „Weil sich die Bundesregierung so weit vom Volkswillen entfernt habe, müssen jetzt die Länder dieses Gesetz stoppen. Sie sind von den negativen Auswirkungen direkt betroffen und würden sich mit einer Zustimmung zu diesem Gesetz politisch kastrieren.“

Wie Carl Waßmuth, Bahnexperte von Attac, das ebenfalls dem Bündnis angehört, betonte, würden die Länder in Folge des Privatisierungsgesetzes endgültig ihren Einfluss auf die Mitgestaltung der bundesweiten Bahnpolitik verlieren. „Verbindungen außerhalb der Metropolen werden vernachlässigt, der Service in den Bahnhöfen wird zurückgefahren und Fernverkehrsstrecken werden künftig durch Nahverkehrsgelder der Länder bezahlt werden müssen“, warnte er. Einen Vorgeschmack darauf, wie Fern- durch Regionalzüge ersetzt werden, hätten die Länder bereits vor wenigen Jahren bei der Abschaffung des Interregio bekommen. Komplett verloren ginge langfristig der Einfluss auf die Struktur und die Kapazität des Schienennetzes. Gemäß dem Kleingedruckten im Gesetzentwurf würde das gesamte Netz im Wert von 126 Milliarden Euro vollständig in den Besitz der Deutschen Bahn AG übergehen. Denn wollte der Bund das Netz wieder in sein Eigentum zurücknehmen, würde ihn das doppelt so viel wie den gesamten Privatisierungserlös kosten.

Weitere Ergebnisse der Umfrage:
Bei Anhängern der Linken ist die Gegnerschaft gegen eine teilweise Privatisierung mit 77 Prozent am größten, SPD-Anhänger folgen mit 69 Prozent. Aber auch bei der CDU/CSU überwiegen die Privatisierungsgegner mit 57 Prozent deutlich gegenüber nur 36 Prozent, die eine teilweisen Privatisierung befürworten. Ebenfalls eine deutliche Mehrheit von 60 Prozent der Bundesbürger ist der Meinung, dass sich eine Klima schützende Bahnpolitik eher mit einer Bahn im öffentlichen Besitz und mit öffentlichen Investitionen durchsetzen lässt. 30 Prozent sind der Meinung, eine Klima schützende Bahnpolitik lasse sich eher mit einer teilprivatisierten Bahn und mit internationalen Investoren umsetzen. Personen, die täglich mit der Bahn fahren, sind zu zwei Dritteln der Meinung, eine Klima schützende Bahnpolitik sei eher mit einer Bahn in öffentlichem Eigentum umsetzbar; Personen, die nie mit der Bahn fahren, sind nur zu 53 Prozent dieser Meinung.

Für Rückfragen:

  • Werner Reh, BUND-Verkehrsexperte, Tel. 0171-499 7927
  • Carl Waßmuth, Attac-Bahnexperte, Tel. 0179-772 4334.