Grundgesetz verlangt Verantwortung für Schienenfernverkehr

„Gekaufte Gutachten machen einen Privatisierungsplan noch lange nicht verfassungsgemäß“, kommentierte Winfried Wolf vom Bündnis „Bahn für Alle“ das von der Deutschen Bahn AG (DB) vorgelegte Gutachten zum Privatisierungsgesetz. Nur der mit der Bahn verbandelte Jurist und CDU-Politiker Rupert Scholz halte den Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums für vereinbar mit Verfassung und Bilanzrecht. „Die Gutachter des Bundesverbandes der Industrie, der nicht als Privatisierungsgegner bekannt ist, kommen wie die Fachleute aus vier Bundesministerien zu einem anderen Schluss“, sagte Wolf, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates von Attac, das mit zehn anderen Organisationen das Bündnis „Bahn für Alle“ bildet.

Das Grundgesetz verpflichtet den Bund in Artikel 87e, Absatz 4, dazu, bei den Fernverkehrsangeboten auf der Schiene und beim Ausbau und Erhalt des Netzes das Allgemeinwohl zu sichern. Darauf hat auch das Innenministerium in seiner Stellungnahme zum Bahnprivatisierungsgesetz hingewiesen. „Deshalb muss der Bund endlich seine Verantwortung als Eigentümer der DB wahrnehmen, für einen besseren Bahnverkehr sorgen und mehr Verkehr auf die Schiene bringen“, sagte Wolf. „Wird das Privatisierungsgesetz beschlossen, gibt der Bund endgültig seinen Einfluss ab.“

Denn anders als Scholz, Ex-Bundesverteidigungsminister und CDU-Politiker, im Gutachten behauptet, sehe der Gesetzentwurf vor, den Bund als Eigentümer zu schwächen. „Schienennetz und Infrastruktur werden dem Bund nur formal direkt übereignet“, erklärte Wolf von „Bahn für Alle“. „Denn zugleich soll der Bund auf Stimmrecht und Gewinnansprüche zu Gunsten der DB AG und ihrer künftigen Eigentümer verzichten.“

Dem Gesetzentwurf nach darf der Bund Entscheidungen der DB AG über Netzangelegenheiten nur blockieren, wenn eine „nachhaltige Gefährung des Sicherungszwecks“ droht. Der Holdingvorstand kann weiter die Investitionsentscheidungen des Netzes kontrollieren. Die DB erhält umfangreiche Abwehrrechte, insbesondere Widerspruchs- und Anfechtungsrechte, mit denen sie faktisch die Sanktionsmöglichkeiten des Bundes aushebeln kann.

Das Bündnis „Bahn für Alle“ wird getragen von Attac, Bahn von unten, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg sowie Verdi und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand.

Artikel 87e, Absatz 4, Satz 1 des Grundgesetzes lautet: „Der Bund gewährleistet, daß dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird.“

Für Rückfragen: * Winfried Wolf (Attac), Telefon 0177 / 67 24 43 77