Großprojekte als Desaster

Auszug aus dem Alternativen Geschäftsbericht 2018

Beim größten Bauprojekt der DB, Stuttgart 21, sollen mehr als 10 Milliarden Euro dafür ausgegeben werden, dass eine bestehende Kapazität um 30 Prozent verkleinert wird. Stuttgart 21 entwickelt sich zum größten Baurisiko für die DB und zum Finanzdebakel. In Hamburg Altona zeigt die DB, dass sie aus Stuttgart 21 keine Lehren gezogen hat.

Heinz Dürr kündigte auf der Bilanzpressekonferenz vom Mai 1994 das Großprojekt Stuttgart 21 wie folgt an: „Die Grundidee bei Stuttgart 21 ist […] der Bau eines unterirdischen Durchgangsbahnhof anstelle des heutigen Kopfbahnhofs. Durch die gleichzeitige Anbindung des Stuttgarter Flughafens ist eine optimale Verknüpfung von Nah- und Fernverkehr der Schiene sowie von Luftverkehr und Schiene garantiert. Das oberirdische Bahnareal von 80 ha wird von uns komplett aufgegeben und steht für die Stadtentwicklung zur Verfügung. Aus den Verkaufserlösen des Geländes kann die neue Verkehrsstation finanziert werden. Im Ergebnis bedeutet das Projekt Stuttgart 21: Die Stadt Stuttgart gewinnt einen einmaligen Gestaltungsraum für die Innenstadt des 21. Jahrhunderts.“

An diesem Dürr-Statement zu Stuttgart 21 in der offiziellen Rede zur Bilanzpressekonferenz 1994 sind drei Dinge interessant. Erstens dass Stuttgart 21 mit keinem Wort damit begründet wird, dass es in diesem Zusammenhang eine Kapazitätserweiterung geben würde. Das Projekt war rein bahntechnisch nie notwendig. Auf eine entsprechende Frage antwortete Dürr auch:

„Ja, notwendig, können wir sagen, ist es eigentlich gar nicht. Nur, es ist eine Weiterentwicklung, es ist ein Fortschritt, dass wir eben Gleisanlagen, die für den Reisenden nicht mehr erforderlich sind, aufgeben und die den Städten zur Verfügung stellen, um hier, äh, Entwicklungen für die Stadt zu machen.“ Zweitens erklärte Heinz Dürr damals bereits, Stuttgart 21 sei primär ein Projekt zur Stadtentwicklung. Also ein Immobilienprojekt, ein Projekt zur gewinnbringenden Verwertung von Bahngelände. Drittens stellte Dürr damals fest, dass Stuttgart 21 faktisch nichts kosten würde: der Verkauf des freiwerdenden Bahngeländes finanziere ganz (oder so gut wie ganz) den neuen Bahnhof unter der Erde.

Im Rahmen dieses Alternativen Geschäftsberichts ist es nicht sinnvoll, die bislang 25-jährige Geschichte des Projektes Stuttgart 21 erneut nachzuzeichnen. Das ist an anderer Stelle erfolgt. Im Frühjahr 2019 und bei einer realistischen Bewertung der Lage der Deutschen Bahn AG muss jedoch festgehalten werden; Stuttgart 21 entwickelt sich zum Mühlstein, der den Konzern Deutsche Bahn AG in eine existenzielle Krise führen kann. Dafür gibt es drei Gründe: Die Explosion der Kosten, die Tatsache, dass das Projekt technisch und sicherheitstechnisch nie zu Ende gebaut werden wird und der Kapazitätsabbau bzw. die Nichtkompatibilität von S21 mit dem Deutschlandtakt.

Den vollständigen Artikel finden Sie im Alternativen Geschäftsbericht 2018 ab Seite 18.