Falsche Prioritäten beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur

Das Bündnis Bahn für Alle kritisiert die gestern vorgestellte „Überprüfung der Bedarfspläne für die Bundesschienenwege und die Bundesfernstraßen“ der Bundesregierung. Danach kommt es zur Streichung von Schienen-Ausbauprojekten. Das Autobahnnetzes soll unverändert ausgebaut werden.

„Eine Zunahme des Lkw-Verkehrs auf den bundesdeutschen Autobahnen um 80 Prozent bis 2025 wie im Verkehrswegeplan angenommen ist eine verkehrspolitische Bankrotterklärung“, erklärte Winfried Wolf, Bahnexperte von Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB). Statt des dafür geplanten Autobahnausbaus müssten die Gütertransportkosten deutlich erhöht, dadurch Güterverkehr massiv reduziert und verbleibender Gütertransport in großem Umfang auf die Schiene verlagert werden.

„Auch die Lieblings-Schienenprojekte will Herr Ramsauer nicht antasten, ob sie sinnvoll sind oder nicht“ so Wolf. Er kritisierte insbesondere die Pläne für die Neubaustrecke Wendlingen-Augsburg, die mit 3,7 Milliarden Euro das teuerste Schienenprojekt in dem Plan darstellt. Laut Ramsauer hat sich dieses als „gerade noch wirtschaftlich“ erwiesen. Wolf dazu: „Dieses Projekt erscheint in der Rechnung nur deswegen als wirtschaftlich, weil der umstrittene Neubau Wendlingen-Ulm mit dem sehr viel günstigeren Ausbau der Strecke Ulm-Augsburg zusammen betrachtet wurde. Alleine ist die Neubaustrecke Wendlingen Ulm auch bei viel Schönrechnerei unrentabel.“ Hinzu komme, dass die existierende Strecke Stuttgart-München schon einmal deutlich schneller befahren wurde als heute. So führe die mangelhafte Instandhaltung durch die Deutsche Bahn AG dazu, dass die Fahrzeitgewinne bei Bau der Neubaustrecke deutlich höher erschienen als sie tatsächlich sind.

Bernhard Knierim von Attac erinnerte an den Abbau von 14.000 km des Schienennetzes in Deutschland über die letzten 15 Jahre und forderte veränderte Prioritäten beim Ausbau der Schieneninfrastruktur und eine Abwendung von teuren Großprojekten. „Vielfach könnte mit wesentlich geringeren Kosten eine sehr viel stärkere Wirkung erzielt werden.“ Eine dringend notwendige Maßnahme sei insbesondere die Einführung eines Integralen Taktfahrplans, bei dem die Umsteigezeiten zwischen Zügen dadurch minimiert werden, dass sich möglichst viele Züge jeweils zur vollen bzw. halben Stunde in einem Bahnhof treffen. „Dafür sind Bahnhöfe mit vielen Gleisen wie der jetzige Kopfbahnhof in Stuttgart Gold wert, da man viele Umsteigerelationen miteinander verbinden kann.“ Ein solches System erwies sich in der Schweiz als Erfolgsstory: Schweizerinnen und Schweizer fahren im Durchschnitt mehr als doppelt so viel mit der Bahn wie Deutsche, obwohl die Schweiz neunmal kleiner ist als die Bundesrepublik. Der Schienenfernverkehr im Nachbarland wächst von Jahr zu Jahr, während er in Deutschland zwischen 1994 und 2009 reduziert wurde.

Für Rückfragen: Winfried Wolf, 0172 –2969970