Die ganze Deutsche Bahn AG muss gemeinnützig sein
Bahn für Alle fordert Stopp der Aufspaltungspläne und übergibt Unterschriften gegen Zerschlagung der Bahn durch die Ampel
Pressemitteilung von Bahn für Alle
Berlin, 7. Dezember 2022: Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion vor dem Bundeskanzleramt machte sich das Bündnis Bahn für Alle am Vormittag gegen die von der Ampelkoalition geplante Aufspaltung der Deutschen Bahn stark. Die Aktiven schwangen symbolisch einen Ampelhammer, der kurz davor ist, die Bahn in Stücke zu schlagen. An Bundeskanzler Olaf Scholz übergaben sie 10.657 Unterschriften.
„Die SPD lässt sich vom grün-gelben Privatisierungswahn übertölpeln“, kommentiert Carl Waßmuth, Sprecher von Bahn für Alle. „Bahnnetz und Bahnverkehr sind zwei Teilbereiche eines eng verknüpften, fragilen Gefüges. Sie auseinanderzureißen schwächt das System Bahn insgesamt und bremst so die für den Klimaschutz dringend nötige Verkehrswende aus. Die Schweiz zeigt, dass integrierte Bahnsysteme am leistungsfähigsten sind.“
Die Ampelkoalition plant, die Deutsche Bahn aufzuspalten. Netz und Bahnhöfe sollen in eine separate Gesellschaft, die „InfraGo“, ausgegliedert werden. Das Bundesverkehrsministerium wirbt damit, dass die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn künftig gemeinwohlorientiert sein solle. Der Begriff „gemeinwohlorientiert“ wird jedoch in keiner Weise hinterlegt. Er verschleiert nur die Kehrseite der Abspaltung: Der Bahnbetrieb soll noch stärker als bisher dem Wettbewerb unterworfen werden. Es droht eine weitreichende Privatisierung des Bahnbetriebs. Das hat vor allem negative Auswirkungen auf den Fernverkehr. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt.“ Hier hatten sich Grüne und FDP in den Koalitionsverhandlungen gegen die SPD, die bisher die integrierte Bahn verteidigte, durchgesetzt.
Im Regionalverkehr ist der „Wettbewerb auf der Schiene“ bereits implementiert – und gescheitert. Aufwendige Ausschreibungsverfahren erzeugen Bürokratie und Mehrkosten – ein gutes Geschäft für Beratungsunternehmen. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten wurden massiv verschlechtert, der Fachkräftemangel dadurch verschärft. Personal und Wagenmaterial sind auf Kante genäht. Mehr Wettbewerb führt zu mehr Rosinenpickerei auf den attraktiven Strecken, aber nicht unbedingt zu mehr Angeboten, schon gar nicht in der Fläche. Verlierer sind die Reisenden, ihre Flexibilität wird eingeschränkt, der Tarifdschungel verdichtet sich. Und scheitern die privaten Bahnunternehmen, wie zum Beispiel bei der Insolvenz von Abellio in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Nordreihen-Westfalen, muss am Ende doch die öffentliche Hand mit Geld einspringen. All dies droht nun auch im Fernverkehr.
„Statt die Bahn zu retten, wird ihre Substanz durch die Regierung weiter geschwächt. Ihre scheibchenweise Privatisierungstaktik ist der völlig falsche Weg“, ergänzt Ludwig Lindner, Sprecher von Bahn für Alle. „Nicht nur das Netz, sondern Netz und Betrieb gemeinsam sollten gemeinnützig betrieben und demokratisch kontrolliert werden. Der unsinnige ‚Wettbewerb‘ auf der Schiene muss beendet werden.“
Bahn für Alle fordert eine Bahn, die klimagerecht ausgestaltet und dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Mit einer Bahn als Aktiengesellschaft geht das nicht. Die gesamte Bahn muss zurück in das öffentliche Recht überführt werden, Gemeinwohl ist in der Satzung zu verankern. Der Einfluss der Bürger*innen und der Bundesländer ist über die Gremien sicherzustellen. Fast drei Jahrzehnte lang hat uns der Gesetzgeber das im Grundgesetz vorgeschriebene Fernverkehrsgesetz vorenthalten, es wird jetzt dringend gebraucht. So erreichen wir die Bahn, die wir für die Verkehrswende benötigen.
Für Interviews und Rückfragen der Presse stehen zur Verfügung.
Carl Waßmuth: E-Mail: carl.wassmuth@bahn-fuer-alle.de
Ludwig Lindner, E-Mail: ludwig.lindner@bahn-fuer-alle.de
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LINK zur Unterschriftensammlung „Zerschlagung stoppen, Privatisierung verhindern: https://bahn-fuer-alle.de/zerschlagung-stoppen-privatisierung-verhindern/
LINK zur Kurzstudie „Die Bahn in Deutschland: Trennung von Netz und Betrieb zu Lasten von Klima, Fahrgästen und Beschäftigten?“: https://bahn-fuer-alle.de/wp-content/uploads/2022/06/bahn_fuer_alle_studie_netz_und_betrieb_juni_2022.pdf
Bahn für Alle hat in einer Kurzstudie untersuchen lassen, ob durch eine vertiefte Trennung von Netz und Betrieb der Bahn in Deutschland die Gefahr weiterer Privatisierungen steigt.
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Bahn für Alle ist ein Bündnis von Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltschutz, politischer Jugendarbeit, Gewerkschaften und Fahrtastverbänden. Bahn für Alle tritt ein für eine Bahn in öffentlicher Hand, dem Gemeinwohl und den Fahrgästen verpflichtet, demokratisch kontrolliert und gesteuert, als leistungsfähiger Akteur einer Verkehrswende, mit der klimaschädliche Verkehre von der Straße und aus der Luft auf die Schiene verlagert werden.