Stellungnahme (schriftliche Anhörung) zum Antrag „Deutschlandtakt verbessern – Niedersachsen gut anbinden“ der Fraktionen von SPD und CDU im niedersächsischen Landtag, Drucksache 18/9079 vom 20. April 2021

Ein Beitrag von Prof. Dr. Wolfgang Hesse, LMU München, Juni 2021

Von der Präsidentin des Niedersächsischen Landtags wurde ich am 17.5.2021 um eine Stellungnahme für den Verkehrsausschuss zum oben genannten Thema gebeten [NiSaLa 2121]. Dieser Bitte komme ich hiermit nach. Ich habe meine Position zu den Fragen um den Bahnknoten Hannover und die angrenzenden Projekte im Rahmen des Vorhabens „Deutschlandtakt“ (kurz: D-Takt) bereits in drei Memoraden vom Januar, März und Mai 2021 (kurz: Memo-1,Memo-2, Memo-3, vgl. [Hesse 2021a, b, c]) ausführlich dargestellt (vgl. Anhang 2-4). Im Folgenden fasse ich meine Position in Thesenform zusammen.

(1) Die Deutschlandtakt-Initiative der Bundesregierung ist im Prinzip begrüßenswert. Die Grundaussage des D-Takts: „Der Fahrplan bestimmt die Infrastruktur“ weist den richtigen Weg. Dass die Bundesregierung, Länder und Bahn ihn nun gemeinsam beschreiten wollen, deutet auf eine günstige Wendung in der Verkehrspolitik. Halbstundentakte im Fern- und Regionalverkehr, Lückenschlüsse (auch beim mehrgleisigen Ausbau), neue bzw. besser orga-nisierte Bahnknoten, Beschleunigungen, Rückkehr des InterRegio als Zugart „FR“ bieten gute Perspektiven für die Zukunft des Personenverkehrs. Der von den Landtagsfraktionen geäu-ßerten Zustimmung zu diesen Zielen schließe ich mich an.

(2) Über-ambitionierte Großprojekte gefährden allerdings den Erfolg des Vorhabens. Im Hinblick darauf bittet der Landtag die Landesregierung, „die Gestaltung des Fernverkehrs beim D-Takt zu hinterfragen“. Auch diese Forderung ist aus meiner Sicht gerechtfertigt. Denn leider hat die D-Takt-Initiative seit ihrer Verkündung im Herbst 2018 eine wenig nachhaltige und wenig tragfähige Entwicklung genommen. In einer der Ankündigungen des Bundesver-kehrsministeriums (BMVI) hieß es noch 2018: „Eine Maximierung der Reiseverbindungen und kürzere Reisezeiten durch abgestimmte Anschlüsse kommen vor reiner Fahrzeitverkürzung“ (Quelle: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/E/zielfahrplan-zukunftsbuendnis-schiene.pdf?__blob=publicationFile).
Inzwischen wurde die Zielgeschwindigkeit auf vielen ICE-Strecken von 250 km/h auf 300 km/h angehoben, und im letzten Zielfahrplan (Zfp-3) wurden Neubaustrecken mit Ziel-Fahrzeiten ausgewiesen, die der oben genannten Ankündigung deutlich widersprechen. Das betrifft im Besonderen die hier zur Debatte stehenden Strecken Hannover–Bielefeld und Hannover–Hamburg. Die geplanten Fahrzeiten von 31 bzw. 62 Minuten verlangen Durchschnitts-geschwindigkeiten von 194 bzw. 172 km/h, was angesichts der örtlichen Gegebenheiten ausgedehnte Neubauabschnitte mit hohen Kosten und tiefgreifenden Belastungen für Anwohner und Umwelt zur Folge hätte. Dazu kommen die steigenden Betriebskosten durch den im höheren Geschwindigkeitsbereich exponentiell steigenden Energiebedarf.
Die geplanten Fahrzeiten widersprechen außerdem der Logik des Integralen Taktfahrplans (ITF), der (außer in begründeten Ausnahmefällen) Fahrzeiten knapp unter 30, 60, 90 etc. Minuten verlangt. Voraussetzungen für eine solche Begründung liegen hier nicht vor. Ein Beispiel für den viel zu „knapp auf Kante genähten“ Fahrplan ist die Verbindung Bielefeld–Hannover–München: Ankunft in Hannover Min. 30, Abfahrt nach München (1 x pro Stunde) Min. 31. Ähnliches gilt für Wolfsburg–Hamburg und Bremen–Frankfurt am Main.

(3) Das Bahn-Drehkreuz Hannover kann als Doppel-Knoten optimal ausgelegt werden. Die spezifischen Gegebenheiten des Knotens Hannover (Bahn-Drehkreuz, vergleichsweise viel Durchgangsverkehr, knappe Gleiskapazität, lange Umsteigewege) lassen einen Fahrplan-Vollknoten zur Minute 30/00 im klassischen (ITF-) Sinn nicht zu. Die Gutachter haben dem mit der teilweisen Verlegung von Fernzügen in die Knotenzeit 15/45 Rechnung getragen. Dieses als „Windmühle“ bezeichnete Konzept ist grundsätzlich in Ordnung, wenn auf den betroffenen und den meisten angrenzenden Strecken Halbstundentakte gefahren werden – was bedeutet, dass die Züge sich auch zu den Viertelstunden begegnen.
Die eher unsystematische Herausnahme zweier Zugpaare (nämlich derjenigen zwischen Hamburg und Frankfurt am Main) aus dem Schema löst die Hauptprobleme in Hannover jedoch nicht: Die oben genannten Anschlusskonflikte bleiben bestehen bzw. neue (zum Beispiel Bremen–Frankfurt am Main) kommen hinzu. Die ungleichmäßig zwischen Hannover und Hamburg verkehrenden Fernzüge erschweren die Knotenbildung und führen zu unnötigen Überholvorgängen auf der N/S-Achse. Vor allem aber will man an der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Bielefeld mit 31 Minuten Fahrzeit und den daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf Fahrplan, Fahrgäste, Anwohner und Natur weiter festhalten.
Stattdessen habe ich bereits 2019 einen „Doppel-Knoten“ Hannover vorgeschlagen, der die „Windmühle“ der Gutachter optimiert [Hesse 2019]: Danach korrespondieren die Fern- und Nahverkehrszüge auf der N/S-Achse zu den Taktzeiten 30/00, auf der W/O-Achse zur Minute 15/45. Damit werden schnelle, zum Teil bahnsteiggleiche Umstiege in Fahrtrichtung (N/S oder W/O) möglich, während beim „Richtungswechsel“ (von N/S auf W/O und umgekehrt) circa 15 bis 20 Minuten Übergangszeit bequemes Umsteigen (zum Beispiel auch für weniger bewegliche Fahrgäste) erlauben. Für Einzelheiten verweise ich auf Memo-1 und -2.

(4) Ein Doppel-Knoten Hannover („optimierte Windmühle“) bringt für die anschließenden Strecken große Vorteile.
(4a) Auswirkungen auf die West-/Ost-Achse NRW–Bielefeld–Berlin: Über die Notwendigkeit eines Streckenausbaus (auf 4 Gleise) zwischen Minden bzw. Porta Westfalica und Seelze/Hannover besteht allgemeiner Konsens, nicht aber über die Fahrzeit von 31 Minuten, die weiträumige Neubauabschnitte, Tunnel und Natur-Eingriffe erfordern würde. Eine Anpassung der Fahrzeit-Anforderung auf circa 41 Minuten zwischen Hannover und Bielefeld würde dagegen zahlreiche Varianten und Möglichkeiten der Streckengestaltung eröffnen.
So kommen für die 31 Minuten Fahrzeit nur die von „Schüssler-Plan“ veröffentlichten Varianten 2 und 5 in Frage, bei 41 Minuten dagegen auch die übrigen drei Varianten. Damit könnte der aus Synergiegründen wichtige Anschluss der Ausbaustrecke nach Osnabrück–Niederlande in Löhne/Bad Oeynhausen gewährleistet werden, und eine Neubaustrecke parallel zur bestehenden 4-gleisig ausgebauten Strecke zwischen Porta Westfalica und Bielefeld würde überflüssig.
Besonders die bestandsnahe Variante 1, die auch bereits im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) von 2016 ausgewiesen ist, käme (mit notwendigen Anpassungen, zum Beispiel im Bereich des sogenannten Jakobsbergs) ernsthaft in Frage [BVWP 2016]. Auch bei dieser Variante müssen für die Reduktion der Fahrzeit von derzeit 49 auf 41 Minuten Beschleunigungsmaßnahmen (inklusive notwendiger Streckenverkürzungen) in Betracht gezogen werden, aber diese würden sehr viel verträglicher und kostengünstiger ausfallen.
Die Vorteile dieser Lösung im Knoten Hannover wurden in Memo-1 und -2 ausführlich dargestellt. Der mehrfach geäußerte Einwand, dies würde den Knoten Hamm aushebeln, ist schlichtweg falsch. Westlich von Bielefeld würde sich gar nichts ändern, der (Voll-)Knoten Bielefeld sogar um eine Minute „geradegerückt“. Eine weitergehende Betrachtung, ob eine zusätzliche Beschleunigung zwischen Bielefeld und Hamm sinnvoll und wirtschaftlich sein kann (iehe auch [BahnZ 2021]), steht auf einem anderen Blatt – aber hier nicht zur Debatte.
Östlich von Hannover kommen zu den im Zfp-3 ausgewiesenen Zeiten circa 12 bis 14 Minuten hinzu. Der Knoten Gifhorn kann geringfügig angepasst werden. Die Fernzüge nach Berlin können den Halt in Wolfsburg nach Bedarf mitnehmen oder nicht. Ein oder zwei durch-fahrende Züge pro Stunde könnten ein paar Minuten aufholen und eine gewisse Sprinter-Wirkung entfalten. Mindestens ein Halt pro Stunde und Richtung sollte gewährleistet bleiben. Die Knotenbildung im „Mega-Knoten“ Berlin ist nicht besonders ausgeprägt. Hier könnte man zu einer ähnlichen Lösung wie in Hannover kommen – das führt aber über den hier betrachteten Raum hinaus.
Lediglich die Strecke von Hannover über Braunschweig nach Magdeburg müsste um circa 7 bis 9 Minuten beschleunigt werden, um per Fernzug den Magdeburger 00-Knoten zu erreichen. Diese Strecke wird bislang im Zfp-3 stiefmütterlich behandelt – es sind keine Ausbaumaßnahmen vorgesehen. Dabei wäre ein Ausbau mit Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeit von 114 km/h auf 126 km/h im Hinblick auf die wichtige Verbindung in die ostdeutschen Bundesländer und auf die besondere Bedeutung für den Güterverkehr geboten. Er wäre für circa 1/10 der veranschlagten Kosten für die NBS Hannover -Bielefeld (nach Var. 2 oder 5) zu haben und sollte auch ganz im Sinne der niedersächsischen Landespolitik sein. Man denke nur an die notwendige Verkürzung der Fahrzeit zwischen Hannover und Braunschweig auf < 30 Minuten.

(4b) Auswirkungen auf die Nord-/Süd-Achse Hamburg–Frankfurt am Main/–München: Diese habe ich in den kürzlichen publizierten Memos -2 und -3 ausführlich dargelegt. Die Notwendigkeit zum Ausbau der Strecke Hannover–Hamburg ist unbestritten. Würde Hannover als Doppel-Knoten ausgelegt und der schnelle Fernverkehr auf die Knotenzeiten 30/00 in Hannover und HH-Harburg gebündelt, so ergäbe sich eine systematische, optimale Linienführung sowohl für den mittleren Fernverkehr (IC bzw. FR, im Stundentakt) als auch für den Regionalverkehr (vgl. Memo-2). Beim Streckenausbau kann man sich auf die Bedürfnisse des Güterverkehrs und Zusatzanforderungen für den Personenverkehr (zum Beispiel Überholgleise) konzentrieren.
Angesichts des zu erwartenden (und als Ersatz für die Straße erhofften!) Güter-Mehrverkehrs ist eine Lösung im Sinne des Projekts „optimiertes Alpha-E“ mit Erweiterung auf 4 Gleise zwischen Ashausen und Lüneburg sowie auf mindestens 3 Gleise zwischen Lüneburg und Uelzen zu emp-fehlen [Alpha-E 2018]. Ab Uelzen sollten Teile des Güterverkehrs auf die Strecke nach Stendal in Richtung Osten und Süden abfließen. Zum Erreichen der 57 Minuten Fahrzeit von Hannover nach HH-Harburg sind aber Ausbaumaßnahmen auf der gesamten Strecke erforderlich. Für nähere Einzelheiten dazu verweise ich auf das Gutachten von [Vieregg & Rößler 2020].

(4c) Möglichkeiten zur Angebotsausweitung: Mit der Neuordnung des Knotens Hannover und dem Verzicht auf besonders kostenintensive Neubaustrecken ließen sich (bei verbesserter Fahrplan-Qualität) circa 5 bis 8 Milliarden Euro einsparen. Diese sollten in ein umfangreiches Programm Deutschlandtakt-Nordwest zur Angebotsausweitung und -verdichtung, zur flächendeckenden Elektrifizierung und Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken verwendet werden.
Dazu könnten zum Beispiel neben den schon geplanten Alpha-E-Projekten Ausbauten der Strecken Hannover–Braunschweig–Magdeburg, Löhne–Rinteln–Hameln–Elze, Bielefeld/Herford–Altenbeken, eine bessere Anbindung der Südharz-Region mit einer FR-Linie Hannover–Goslar–Halberstadt–Halle (S) sowie Reaktivierungen der Strecken (Herford–)Rahden–Bassum(–Bremen), Lemgo–Barntrup–Hameln, Stadthagen–Rinteln, Minden–Lübbecke, die von den Fraktionen geforderte bessere Anbindung von Wilhelmshafen und – last not least – die Wiederbelebung der touristisch bedeutsamen Strecke Esens–Norden mit Direktverbindungen von Bremen zu den Nordseeinseln gehören.

(5) Umwelt- und Klimapolitik: Der Deutschlandtakt sollte mehr im Sinne der Klimaziele der Bundesregierung und der Umweltverträglichkeit ausgestaltet werden. Die Vorschläge für ein (teilweises) Umsteuern beim Deutschlandtakt in Richtung auf weniger Höchstgeschwindigkeit und dafür mehr Flächendeckung, FR-Verkehre, Reaktivierungen etc. bekommen besonderes Gewicht durch die jüngsten Nachrichten aus Karlsruhe. Dort hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem aufsehenerregenden Entscheid vom 24.3.2021 neue unübersehbare Impulse gesetzt, die Klimaziele endlich ernst zu nehmen und den Lebensbedürfnissen künftiger Generationen mehr Gewicht zu verleihen [1].
Das bedeutet auch in der Verkehrspolitik eine radikale Wende zu einer massiven Verkehrsverlagerung auf die umweltfreundlichere Schiene, und es gilt ganz besonders auch im Hinblick auf die Deutschlandtakt-Projekte. Das im Prinzip richtige und unterstützungswerte Vorhaben „D-Takt“ droht leider durch zu ehrgeizige, in den Zielfahrplänen manifestierte Zielsetzungen konterkariert zu werden. Denn diese bergen die Gefahr bedrohlicher Fehlentwicklungen in sich und führen letztlich die beabsichtigte klimaverträgliche Ausrichtung des Verkehrs ad absurdum.
Zu den herausragenden Negativ-Beispielen im Zielfahrplan Fernverkehr gehören im hier betrachteten Großraum die geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken Hannover–Bielefeld und Hannover–Hamburg sowie der in Hamburg geplante zweite S-Bahn-Innenstadttunnel.
Dabei wird vergessen: Der Bau eines Gleiskilometers unter der Erde erzeugt so viel Treibhausgas wie 26.000 Pkw im Jahr [2]. Teilweise werden sogar höhere Zahlen genannt [3]. Das heißt zum Beispiel: Allein der Bau der geplanten Tunnel zwischen Hannover und Bielefeld (20 bis 30 km) sowie des Innenstadttunnels in Hamburg (5,5 km) würden dem Ausstoß von knapp einer Million Autos im Jahr entsprechen.
Ein Deutschlandtakt in dieser Form droht nicht nur zu einem Reizwort bei der Bevölkerung in den betroffenen Regionen zu werden, sondern auch zu einem neuen „Klimakiller“. Dazu tragen sowohl der Bau als auch der Betrieb ausufernder Hochgeschwindigkeitsstrecken mit exponentiell steigendem Energiebedarf bei. Die o.g. Forderung des BMVI, abgestimmte Anschlüsse vorrangig vor reinen Fahrzeitverkürzungen einzustufen, gerät dabei unter die Räder. Sie sollte wieder ernst genommen werden. Dies impliziert verbesserte Zielfahrpläne als Voraussetzung für einen maßvollen, den Bedürfnissen der Fahrgäste, des Umwelt- und Landschaftsschutzes verpflichteten Ausbau der (Schienen-) Verkehrs-Infrastruktur.

Fazit und Empfehlung:
Beide Kernaussagen des Entschließungsantrags „Deutschlandtakt verbessern – Niedersachsen gut anbinden“, weisen den richtigen Weg, nämlich (1) das Deutschlandtakt-Konzept grundsätzlich zu unterstützen und seine Weiterentwicklung zu fördern, (2) über-ambitionierte Zielsetzungen einzelner Projekte auf den Prüfstand zu stellen und die Zielfahrpläne dementsprechend zu überarbeiten.
Die Forderung des Landtags, die gegenwärtige Methode zur Bewertung der Nutzen-/Kosten- Verhältnisse den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, teile und unterstütze ich. Dabei sollten unter anderem auch positiv genutzte Reisezeiten am „Arbeitsplatz im Zug“, negative Umweltfolgen oder die neu eingeführte CO2-Bepreisung (auch für betonlastige Baumaßnahmen) als Faktoren mit eingehen. Auch die konkreten Vorschläge zur besseren Fern-verkehrsanbindung von Mittelzentren und zur Anbindung der ostfriesischen Inseln, zum Ausbau von FR-Linien und Stundentakten sowie zur verstärkten Nutzung von Zugflügelungsmöglichkeiten sollten weiter verfolgt werden.
Eine Überarbeitung der Zielfahrpläne ist aus den oben genannten Gründen nicht nur zu empfehlen, sondern dringend geboten: Mit der Rücknahme übertriebener Geschwindigkeitsvorgaben und einer Korrektur zu eng ausgelegter Fahrplan-Konstrukte ließen sich die Umsteigebeziehungen verbessern, das Bahnreisen insgesamt attraktiver gestalten und viele neue Bahnkunden könnten gewonnen werden. So kann man wertvolle Ressourcen in zukunftsträchtige Pro-jekte umleiten und einen wichtigen Beitrag zu mehr umwelt- und klimaverträglichem Verkehr leisten. Für den hier betrachteten Raum Nordwest-Deutschland schließt dies eine Neuordnung des Knotens Hannover und eine maßvolle Ausgestaltung der oben genannten Großprojekte zwischen Bielefeld, Hannover und Hamburg ein.

Eine Empfehlung zum Schluss: Politik und Bahnführung sollten den guten Ruf der Bahn als umwelt- und klimafreundliches Verkehrsmittel und den des Deutschlandtakts als dazu dienendes Zukunftsprojekt nicht durch überzogene Zielsetzungen aufs Spiel setzen.

Quellen:[1] Beschluss vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 – Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/e/rs20210324_1bvr265618.html

[2] Karlheinz Rößler: Quantifizierung der Treibhausgasemissionen des Projekts Stuttgart 21; https://www.umstieg-21.de/assets/files/thg-endbericht_s21_251017.pdf

[3] Frank Geraets, Axel Schwipps und Matthias Dittmer, Die Klimabilanz Berliner U-Bahn- und Straßenbahnplanungen, Dezember 2020. https://www.tagesspiegel.de/berlin/u-bahn-in-berlin-als-klimakiller-gutachter-stellen-katastrophale-co2-bilanz-fuer-neue-tunnel-auf/26679718.html

Literaturhinweise:
• [AlphaE 2018] Informationen zum Schienenausbauprojekt Alpha-E (pdf); https://beirat-alpha.de/wp-content/uploads/2019/02/Broschuere-Beirat-Alpha-E.pdf
• [BahnZ 2021] Bahnzentrum Ingenieurbüro: Effizienter Bahnausbau zwischen Hamm und Hannover – Ein Alternativkonzept. http://www.bahnzentrum.de/Ausbau_Hamm_Hannover.pdf
• [BMVI 2018] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Zielfahrplan Deutschland-Takt, Informationen zum dritten Gutachterentwurf. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/E/zielfahrplan-zukunftsbuendnis-schiene.pdf?__blob=publicationFile
• [BMVI 2020] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Ein Fahrplan für alle: der Deutschlandtakt. https://www.deutschlandtakt.de/
• [BVWP 2016] Bundesverkehrswegeplan 2030: Projektinfo NBS/ABS Hannover-Bielefeld; https://www.bvwp-projekte.de/schiene/2-016-v01/2-016-v01.html#
• [Hesse 2019] W. Hesse: Deutschland-Takt und BMVI-Zielfahrpläne: Chancen, Defizite und Lösungsvorschläge. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2019, S. 386-389, Minirex-Verlag, Luzern 2019 und: https://bahn-fuer-alle.de/wp-content/uploads/2020/11/2019-09_D-Takt_Hesse.pdf
• [Hesse 2021a] W. Hesse: Memorandum zur Schnellstrecke Hannover–Bielefeld und zum Bahnknoten Hannover– Teil 1; https://bahn-fuer-alle.de/memorandum-zur-schnellstrecke-hannover-bielefeld-und-zum-bahnknoten-hannover/
• [Hesse 2021b] W. Hesse: Memorandum zum Deutschlandtakt – Teil 2 (Bahnknoten Hannover und Schnellstrecke Hannover–Hamburg); https://bahn-fuer-alle.de/memorandum-zum-deutschlandtakt-teil-2/
• [Hesse 2021c] W. Hesse: Memorandum zum Deutschlandtakt – Teil 3 (Zielfahrpläne für Niedersachsen und Hamburg, Beachtung der Klimaziele; https://pro-ausbau.de/wp-content/uploads/2021/05/MemoH-BI_Teil3.pdf
• [NiSaLa 2121] Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode. Drucksache 18/9079. https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_10000/09001-09500/18-09079.pdf

Anhang 1: Anmerkungen zum Entschließungsantrag der Fraktionen

Der Landtag begrüßt, dass

  • mit dem Deutschlandtakt der Schienenpersonenverkehr attraktiver werden soll und das Angebot auf vielen Strecken ausgeweitet wird – unter anderem die nun stündliche Fernverkehrsverbindung auf der Strecke Berlin–Hannover–Osnabrück–Amsterdam,
    → Ich stimme zu. Allerdings sollte schon allein aus Synergie-Gründen und Nutzen-/Kosten-Erwägungen Osnabrück an die Aus-/Neubaustrecke Hannover–Porta Westfalica/Löhne angeschlossen werden. Damit würde die Fahrzeit von Hannover nach Osnabrück auf unter eine Stunde verkürzt. Das schließt allerdings die Varianten 2 und 5 (nach Schüßler-Plan) und damit eine Fahrzeit für Hannover–Bielefeld von 31 Minuten aus.
  • die Landesregierung sich aktiv in den Abstimmungsprozess mit dem Bund zum Deutschlandtakt zur Gestaltung des Schienenpersonennahverkehrs einbringt,
    → Ich stimme zu.
  •  im dritten Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt die grundsätzliche Möglichkeit für eine Fernverkehrsanbindung der Stadt Wilhelmshaven geschaffen wurde. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um die touristische Erreichbarkeit der ostfriesischen Inseln und der Nordseeküste zu verbessern,
    → Ich stimme zu. Zu den ostfriesischen Inseln gehört aus meiner Sicht auch die Reaktivierung der Strecke Esens–Norden mit Direktverbindungen von Bremen / Oldenburg und abgestimmten (Bahn- oder Bus-)Zugängen zu den Fährhäfen Harle, Neuharlingersiel, Bensersiel und Neßmersiel.
  •  sich die Kommunen in der Region Schaumburg/Ostwestfalen-Lippe konstruktiv und einvernehmlich für eine Unterstützung der zum Ausbau der Bestandsstrecke erforderlichen Maßnahmen ausgesprochen haben,
    → Ich stimme zu. Für die von mir vorgeschlagene Fahrzeit von 41 Minuten werden allerdings auch Maßnahmen zur Beschleunigung (um 7-8 Minuten) und Streckenverkürzung notwendig sein.
  • die Landesregierung Angebotsverbesserungen im Schienenpersonennahverkehr, zum Beispiel durch sogenannte Flügelungen (fahrplanmäßiges Trennen eines kombinierten Zuges zum Erreichen unterschiedlicher Endbahnhöfe und Wiedervereinigung bei der Rückfahrt) und Einführung von Stundentakten voranbringt, um die entsprechenden Voraussetzungen für den Deutschlandtakt zu schaffen.
    → Ich stimme zu. So könnte zum Beispiel ein RE aus Bremen–Oldenburg in Sande nach Wilhelmshafen/Esens–Norden geflügelt werden, ebenso ein (neuer) FR-Zug von (München–)Kasse–Altenbeken in Lage (Lippe) nach Bielefeld/Herford–Osnabrück.
    Stundentakte sollte es unter anderem auf den FR-Linien Bremen–Oldenburg–Wilhelmshafen, Münster–Rheine–Leer–Norddeich und (perspektivisch) auf einer neu einzurichtenden Linie (Ruhrgebiet–)Bielefeld–Minden–Nienburg–Rotenburg–Hamburg geben.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1.  gegenüber dem Bund die Gestaltung des Fernverkehrs im Zuge des Deutschlandtaktes zu hinterfragen.
    → Diese Bitte würde ich zu einer Forderung nach Überarbeitung der Zielfahrpläne im Sinne der verschiedenen Vorschläge aus Niedersachsen und darüber hinaus zu notwendigen Verbesserungen für ganz Deutschland hochstufen.
    Hierzu soll die Landesregierung

    a. darauf achten, dass die Notwendigkeit großer Fahrzeiteinsparungen, welche über die Notwendigkeit einer Anschlusssicherung hinausgeht, in Relation zum baulichen Aufwand und zum möglichen Umsetzungszeitraum steht. Dies betrifft zum Beispiel die Fahrzeiten Hannover–Hamburg und Hannover–Bielefeld bzw. Osnabrück,
    → Diese Kernforderung unterstütze ich natürlich. Siehe dazu meine Memoranden Memo-1, -2, -3.
    Dazu möchte ich aus meiner Kenntnis der Fahrplanentwicklungen in Deutschland und dem benachbarten Ausland (vor allem der Schweiz) nochmals betonen, wie wichtig passend gewählte Fahrzeiten für die System-Optimierung (das heißt für systemweite gute Anschlüsse) im Sinne des ITF sind. Als „abschreckendes Beispiel“ verweise ich auf die ICE-Trasse Mannheim–Stuttgart mit 36 Minuten Fahrzeit, die seit nunmehr 30 Jahren jede richtig gute Fahrplangestaltung für diese Region unmöglich macht. Ähnliches gilt für die 2017 in Betrieb genommene Schnellstrecke Nürnberg–Erfurt.
    Für die Strecke Hannover–Bielefeld kommen damit nur ITF-konforme Fahrzeiten von 26 bis 27 Minuten (die keiner will) oder von circa 40 bis max. 42 Minuten (bei Annahme von Halbstundentakten) in Frage. Für Hannover–Hamburg wären 56 bis 57 Minuten zwischen Hannover und einem auszubauenden Knoten HH-Harburg ITF-ideal, was einer Gesamtfahrzeit bis HH Hbf von ca. 68 Minuten entspricht (vgl. Memo-2, -3).
    b. den Bund zu bitten, zeitnah eine Infrastrukturliste mit allen für den Deutschlandtakt erforderlichen Neu- und Ausbaumaßnahmen vorzulegen,
    → Ich stimme zu.
    c. beim Bund um Darstellung bitten, wie eine ausreichende Stabilität des Fahrplans unter Einbezug des Deutschlandtaktes gewährleistet wird. Neben der Frage, wie Anschlüsse auch bei Verspätungen gehalten werden können, bedarf es insbesondere der Erörterung, wie die Leistungsfähigkeit in den Knoten (zum Beispiel Hannover) erbracht werden kann und welche Ausbaumaßnahmen erforderlich sind,
    → Ich stimme zu. „Auf Kante genähte“ Fahrzeiten und Fahrpläne sind aus Systemsicht nicht zielführend. Die Leistungsfähigkeit des Knotens Hannover würde durch eine Optimierung zum „Doppel-Knoten“ deutlich gesteigert. Vgl. die Memoranden.
    d. den Bund um Prüfung weiterer, alternativer zeitlicher Kompensationspotenziale bzw. die Erweiterung des Suchraums auf den gesamten Streckenverlauf zu bitten,
    → Unter „Kompensationspotentiale“ würde ich auch die Einbeziehung von Alternativ- bzw. Ausweichrouten wie Minden–Nienburg–Rotenburg–Hamburg oder Löhne–Hameln–Elze rechnen. Vgl. Memo-3: „optimierter Deutschlandtakt Nordwest“.
  2.  weitere Linien im Fernverkehr als Option zu definieren und sich gegenüber dem Bund für diese weiteren Fernverkehrsverbindungen einzusetzen. Dies betrifft vor allem periphere Strecken, wie zum Beispiel die Einbindung von Wilhelmshaven als komplettes Angebot des Fernverkehrs.
    → Ich sehe da zum Beispiel (vgl. oben) Stundentakte im IC/FR-Verkehr Hannover–Hamburg mit Halten in Celle, Uelzen und Lüneburg sowie für die FR-Linien Bremen–Oldenburg–Wilhelmshafen, Münster–Rheine–Leer–Norddeich. Dazu kommen neu einzurichtende Linien wie
    – (Ruhrgebiet–)Bielefeld–Minden–Nienburg–Rotenburg–Hamburg,
    – Bremen–Uelzen–Stendal–Berlin,
    – (München–)Kassel–Altenbeken–Lage (Lippe)–Bielefeld/Herford– Osnabrück
    Hannover–Goslar–Halberstadt–Halle (S) mit Reaktivierung Vienenburg–Heudeber-Danstedt.
  3. die Optimierung von Fahrtzeiten durch die Einrichtung von Stundentakten auf weiteren Strecken voranzutreiben,
    → s. oben
  4. in Bezug auf sogenannte Sprinterlinien mit dem Bund zu klären, welchen Nutzen und Aufwand diese Linien für Niedersachsen haben, und hier insbesondere darzustellen, warum der Gutachterentwurf eine Sprinterlinie zwischen Hamburg und NRW enthält, die mit einer Verbindungskurve in der Region Hannover einen erheblichen Infrastrukturausbau erfordert,
    → Sprinterlinien können auf bestimmten Relationen Sinn machen. Zwischen Köln/Düsseldorf und Hamburg über Hannover zweifle ich allerdings, ob die Zeitersparnis von circa ½ Stunde gegenüber der Direktstrecke über Münster–Bremen oder von circa 15 Minuten gegenüber der Umsteigeverbindung über Hannover einen „Bypass“ an Hannover vorbei rechtfertigt. Wegen des womöglich eher knappen Fahrgastpotentials könnte das sogar die Direktverbindung über Münster–Bremen schwächen. Auf der Strecke Hannover–Hamburg würden Sprinterzüge die vorgeschlagene Bündelung der Fernzüge (vgl. Memo-2, -3) erschweren und zu einem (eigentlich unnötigen) Druck auf eine NBS durch die Lüneburger Heide führen.
    Eine Sprinterlinie Köln/Düsseldorf–Berlin hätte wohl ein deutlich höheres Fahrgastpotential. Man hat sich trotzdem nicht dafür entschieden. Will man unbedingt auf eine Gesamt-Fahrzeit von deutlich unter 4 Stunden Stunden hinaus, so wäre (zu einem späteren Zeitpunkt) eine Linie Köln/Düsseldorf–Berlin mit drei Halten Hagen, Bielefeld und Hannover auch ohne eine Hochgeschwindigkeitsstrecke BI-H denkbar.
  5. im Nahverkehr weitere Verbesserungen zu definieren, die insbesondere die Anbindung ländlicher Regionen an den Fernverkehr verbessern und ausbauen, dies zum Beispiel durch eine bessere Verzahnung von Angeboten des regionalen ÖPNV mit Fernverkehrsverbindungen und die Reaktivierung von Haltestellen.
    → Dazu habe ich bereits Vorschläge gemacht. Vgl.Memo-3: „optimierter Deutschlandtakt Nordwest“.
  6. auch bei reinen Nahverkehrsverbindungen im Rahmen der Gestaltung des Deutschlandtaktes alle Potenziale zu nutzen, um durch bessere Umsteigebeziehungen die Reisezeiten zu verringern und den Komfort zu erhöhen,
    → Dem dienen zum Beispiel meine Vorschläge zum Knoten Hannover. Dort würden Fern- und Nahverkehrszüge auf die jeweiligen Knotenzeiten 30/00 (Nord-Süd) bzw. 15/45 (West-Ost) ausgerichtet und gute Umsteigebedingungen schaffen. Beispiel: Göttingen–Uelzen: Nah- und Fernverkehrszüge laufen im Knoten 30/00 zusammen und erlauben gegenseitiges Umsteigen in allen Beziehungen. Im Zfp-3 ist das nur sehr eingeschränkt (einmal alle 2 Stunden) der Fall.
  7. den Bund um Darstellung zu bitten, wie die im Deutschlandtakt vorgesehen Trassen für den Güterverkehr ausreichend dimensioniert sind, um den aktuellen Schienengüterverkehr abzubilden,
    → Auch dazu enthalten meine Memoranden schon Vorschläge. Vorrangig sehe ich (neben den anderen Alpha-E-Projekten) :
    – Ausbau (4- bzw. 3-gleisig) Ashausen–Lüneburg–Uelzen zur Aufnahme des Hafenhinterland-Verkehrs (ab Uelzen steht alternativ zu Celle–Lehrte die Strecke nach Stendal–Ost-/Süddeutschland zur Verfügung),
    – Ausbau und Beschleunigung Hannover–Braunschweig–Magdeburg (siehe Memo 1-3),
    – Ausbau (2-gleisig, elektrifiziert) Löhne–Hameln–Elze,
    – Ausbau/Elektrifizierung/Reaktivierung Hildesheim–Goslar–Vienenburg–Heudeber–Danstedt–Halberstadt–Halle (S),
    – Ausbau/Elektrifizierung Northeim–Herzberg–Nordhausen
    Darüber hinaus sollte man den Ausbau parallel laufender Routen vorantreiben, um mehr Redundanz im System und weniger Belastung für die einzelnen Strecken zu schaffen. So sehe ich gute Potentiale für den Güterverkehr bei
    – Reaktivierung und Elektrifizierung Bremen–Bassum–Rahden–Herford(–Bielefeld–Ruhrgebiet)
    – Ausbau/Reaktivierung Bremerhaven–Bremervörde–Rotenburg (m. Kurve Ri. Nienburg)
    – Reaktivierung/Ausbau (Münster–) Rheine–Quakenbrück–Oldenburg (-Wilhelmshafen)
    – Ausbau/Reaktivierung Dortmund–Unna–/Hagen–Brilon Wald–Scherfede– Ottbergen–Kreiensen–Seesen–Braunschweig/–Goslar–Jerxheim–Magdeburg

    Dies ist insgesamt ein umfangreiches (und womöglich noch zu ergänzendes) Ausbauprogramm, das aber den Vorteil hat, dass man es bedarfsorientiert, Schritt für Schritt, umsetzen kann.
  8. gegenüber dem Bund eine Weiterentwicklung der Bewertungsmethode einzufordern, damit erforderliche Infrastrukturmaßnahmen zur Erhöhung des Anteils im Güterverkehr auf der Schiene auch dann realisiert werden können, wenn sie keinen oder wenig Nutzen für den Schienenpersonenfernverkehr erbringen,
    → Die Methodik zur Nutzen-/Kosten-Berechnung sollte gründlich reformiert werden. System-Synergie-Effekte und Umweltaspekte müssen zum Beispiel viel stärker berücksichtigt, Kostenrechnungen transparenter und verbindlicher werden. Eine breite Diskussion dazu hat (zum Beispiel auch im Initiativ-kreis Deutschlandtakt) begonnen und hält weiter an.
  9. sich weiterhin für eine frühzeitige und umfassende Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung einzusetzen, um die inhaltliche Akzeptanz der geplanten Infrastrukturmaßnahmen innerhalb der Bevölkerung zu sichern.
    → Ich stimme zu. Dies schließt auch eine Beteiligung an einer möglichen Überarbeitung der Zielfahrpläne ein.


Begründung:
Der geplante Deutschlandtakt verspricht Verbesserungen für den Personenverkehr auf der Schiene und setzt sich gleichzeitig einen höheren Anteil des Güterverkehrs über die Schiene zu Ziel. Im Nahverkehr ist hierbei eine weitgehende Anpassung des Angebotes an den Fernverkehr zu erkennen. Dies ist sehr zu begrüßen. Allerdings gibt es weiterhin Bereiche, in denen sowohl eine gute Anbindung als auch eine gute Umsteigebeziehung fehlt. Dies gilt beispielsweise für Süd-Niedersachsen, wichtige Umsteigeknoten des Nahverkehrs wie Wunstorf und auch für weitere Teile Niedersachsens wie das Osnabrücker Land.
→ Auf mögliche Verbesserungen in Süd-Niedersachsen bin ich bereits oben (Punkt 7) eingegangen. Das würde unter anderem auch eine Neuordnung des Knotens Goslar (mit FR-Anschluss) einschließen.
Der Knoten Osnabrück ist als Kreuzungs- („Turm“-)Bahnhof nicht mit kurzen Umsteigezeiten zwischen den Richtungen Nord-Süd und West-Ost zu organisieren. Hier erscheint das Zfp-3-Konzept (Knoten 00/30 in N/S-Richtung, 15/45 in W/O-Richtung) schlüssig, es könnte lediglich in Details noch optimiert werden.
Im Osnabrücker Land wären die Reaktivierungen Rheine–Quakenbrück (vgl. oben) und Ibben-büren – Lengerich – Gütersloh wünschenswert. Die Einrichtung von Direktverbindungen (RE oder FR) Münster–Osnabrück–Minden(–Hannover) über die sogenannte Münsterkurve könnte in Betracht gezogen werden.

Insgesamt besteht für den Personennahverkehr die Befürchtung, dass der aufgestellte Fahrplan bisher nicht robust genug ist, so dass Verspätungen zum Verlust des Anschlusses führen. Die Folgen wären längere anstelle kürzerer Umsteigezeiten. So verfügt die Relation von Düsseldorf/Ruhr–Bielefeld nach Braunschweig–Magdeburg–Halle–Leipzig in Hannover nur über sechs Minuten Zeit für den Umstieg zwischen den Fernzügen. Das gilt für beide Richtungen.
→ Die grundsätzlichen Befürchtungen in Bezug auf zu eng ausgelegte Fahrpläne teile ich. Zum genannten Beispiel: Beim Doppel-Knoten Hannover habe ich (in beiden Richtungen, alle Fahrpläne sind symmetrisch) jeweils 7 Minuten Übergang vorgesehen. Aber auch 6 Minuten sollten bei bahnsteiggleichem Übergang ausreichen.
Weiterhin ist es kritisch zu bewerten, dass zur Verkürzung der Fahrzeiten Sprinterlinien vorgesehen sind, die ohne Halt in Niedersachsen von Hamburg in Richtung Ruhrgebiet fahren. Zugleich sind aber keine Sprinterlinien zwischen Ruhrgebiet und Berlin vorgesehen, die ebenfalls zu einer Verkürzung der Fahrzeit ohne Neubaubedarf führen könnten. Um den Deutschlandtakt für Niedersachsen zu einem Erfolg zu machen, muss sich das Land in die Entwicklungen und Pläne einbringen und gegenüber dem Bund die besten Lösungen einfordern.
→ Zu den Sprinterlinien siehe oben (Punkt 4).
Im Güterverkehr ist es wichtig, dass die Maßnahmen des BVWP 2030 zeitnah umgesetzt werden. Dadurch kann erreicht werden, dass mit den für den Güterverkehr verbleibenden Trassen im Deutschlandtaktfahrplan das aktuelle bzw. das bis 2030 prognostizierte Aufkommen auf der Schiene gefahren werden kann. Andernfalls droht ein Absinken des Anteils auf der Schiene im Modal Split auf unter 18 Prozent im Güterverkehr. Für die weitere angestrebte Erhöhung des Modal Split auf 25 Prozent im Güterverkehr sind zusätzliche Maßnahmen an der Infrastruktur erforderlich, welche auf ihre Wirtschaftlichkeit und ihre Kosten-Nutzen-Relation hin geprüft werden müssen. Dazu werden gegebenenfalls weiterentwickelte oder neue Bewertungsmethoden benötigt. Diese sollten auch Faktoren wie die neue CO2-Bepreisung beinhalten.
→ Ich stimme zu. Für Vorschläge zu weiteren Güterzug-Verbindungen siehe oben (Punkt 7).

Anhänge 2 bis 4

Memoranden Memo-1, Memo-2, Memo-3 vom Januar / März / Mai 2021