Regierungsantwort zum S-Bahn-Chaos zeigt: Kritik von Tiefensee an DB AG ist scheinheilig
Zu der von Bundesminister Wolfgang Tiefensee an der Deutschen Bahn geübten Kritik erklärt das privatisierungskritische Aktionsbündnis „Bahn für Alle“:
Minister Tiefensee hat nahezu seine ganze Amtszeit der Teilprivatisierung der Bahn gewidmet. Das jetzt zutage tretende S-Bahn-Chaos ist unmittelbare Folge der Pläne zum Bahnbörsengang. Doch statt für seine verfehlte Politik die Verantwortung zu übernehmen, versucht Tiefensee den schwarzen Peter der DB AG und dem Eisenbahnrecht zuzuschieben.
Dazu Carl Waßmuth, Bahnexperte und Vertreter von attac im Bündnis: „Wenn Herr Tiefensee der Auffassung ist, dass die DB AG den grundgesetzlichen Auftrag des Bundes nicht mehr erfüllt, muss er Konsequenzen ziehen. Über seinen Staatssekretär „unangenehme Fragen“ im Aufsichtsrat stellen zu lassen, ist völlig unzureichend“.
Wie scheinheilig Tiefensees Antwort ist, zeigt die Antwort des Verkehrsministeriums auf eine parlamentarische kleine Anfrage zur Berliner S-Bahn, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Dazu Carl Waßmuth: „Wer diesen Text liest, könnte zu dem Schluss kommen, das Ministerium folge dem Motto ‚Wir wissen was, aber wir sagen nichts, und ans Eingreifen denken wir erst recht nicht.‘ “
Carl Waßmuth weiter: „Natürlich hat der vom privatisierungssüchtigen DB-Management vorgegebene Spardruck das S-Bahn-Chaos verursacht. Aber die DB ist zu 100% Eigentum des Bundes. Der Börsenkurs der Bundesregierung hat den Sicherheitsanforderungen ebenso entgegengewirkt wie den Interessen der Beschäftigten und der Fahrgäste.“
Die katastrophalen Versäumnisse bei der Berliner S-Bahn werfen ein Schlaglicht auf den Umstand, dass es mit einem halbherzigen Verschieben des Börsengangs nicht getan ist, wenn die DB AG weiterhin die Gewinnorientierung über Sicherheitsbelange wie Wartung und Instandhaltung stellt. Die S-Bahn ist eines von mehreren hundert Tochterunternehmen der DB AG. Es ist davon auszugehen, dass in den anderen Unternehmensbereichen ähnlich verfahren wurde und wird. Damit drohen in naher und mittelfristiger Zukunft in ganz Deutschland ähnliche Folgen wie im Berliner Nahverkehr.
Bahn für Alle fordert: Der Bund als Eigentümer muss zunächst den Börsengang ein für allemal absagen. Die als Instrument eigens für einen Börsengang im Sommer 2008 mit viel Aufwand gegründete DB Mobility & Logistics AG (ML AG) ist unverzüglich wieder aufzulösen. Gleichzeitig ist die vollständige Reinvestition der erzielten Gewinne in den Schienenverkehr zwingend vorzuschreiben. Das lässt nach einer Recherche von „Bahn für Alle“ bezogen auf die DB AG das Aktienrecht ebenso zu wie das BGB bezogen auf die Gesellschaftsform der Berliner S-Bahn GmbH.
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