Mord am Nachtzug
Die Täter: Grube & Co. // Das Motiv: Ignoranz & Unfähigkeit // Die Folgen: Verlust von Reisekultur & jährlich mehr als tausend Flüge zusätzlich & eine deutlich erhöhte Klimabelastung
Heute verabschieden wir den letzten Nachtzug der Deutschen Bahn, der zwischen Berlin und der Schweiz verkehrt. Morgen, mit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember, stellt die Deutsche Bahn AG jeden Verkehr mit Nachtzügen ein. Mehrere hundert Beschäftigte des Nachtzugpersonals sind existenziell betroffen. Die jährlich 1,5 Millionen Fahrgäste, die die Liegewagen und Schlafwagen, und weitere 1,5 Millionen Fahrgäste, die die Sitzwagen der Nachtzüge nutzten, werden zu einem erheblichen Teil zum Straßenverkehr (u.a. Fernbusse) und zum Flugverkehr (u.a. Billigflüge) abwandern.
Die Einstellung des Nachtzugverkehrs ist ein weiterer brutaler Schlag gegen die Schiene und damit gegen die umweltfreundlichste Form zu reisen. Er ordnet sich ein in eine Abbruchpolitik, der zuvor bereits die Postzüge, dann der Stückgutverkehr und nicht zuletzt die Zuggattung Interregio zum Opfer fielen. Die Gründe, die zu dieser zerstörerischen Politik führten, liegen im Dunkeln. Dass die Nachtzüge, wie die Bahn behauptet, „unwirtschaftlich“ seien, ist Unfug und unwahr. Die Züge sind sehr oft ausgebucht. Trotz einem systematischen Abbau von Komfort blieben die Nachtzugfahrgäste diesem Verkehrsmittel bis zuletzt treu. Die DB legte mehrfach manipulierte, falsche Zahlen zur Zahl der Fahrgäste und zu den Kosten der Nachtzüge vor. Die österreichische Nachbarbahn baut das Nachtzugsegment massiv aus. Die ÖBB übernimmt ab dem 12. Dezember einen größeren Teil der Zugverbindungen, die bisher von der Deutschen Bahn angeboten wurden – aber eben nur einen Teil. Sie übernimmt auch nicht das erprobte, engagierte und erfahrene Team der Nachtzug-Beschäftigten der Deutschen Bahn-Nachtzugtochter DB ERS. Auf den ÖBB-Nachtzügen wird Personal eingesetzt, das bis zu 30 Prozent weniger Lohn als das bisherige ERS-Personal und möglicherweise nicht einmal den in Deutschland geltenden Mindestlohn erhält.
Sandra Maischberger will am 10. Dezember dabei sein, wenn der letzte Nachtzug in Berlin verabschiedet wird. Sie schließt sich den Protesten von Zehntausenden Fahrgästen an. Maischberger: „Ich bin selbst betroffen. Seit meiner Jugend verreise ich regelmäßig mit dem Nachtzug […] quer durch Europa. Nach der Talkshow in Köln steige ich gerne in den Nachtzug und komme morgens ausgeruht in Berlin an. Dieser Zug fährt am 9. Dezember zum letzten Mal. Ich verstehe das nicht. Angesichts der Auslastung ist es mir schleierhaft, warum die DB diese Züge nicht wirtschaftlich betreiben kann.“ (In: Berliner Zeitung vom 19.November 2016).
Bahn für Alle – Das Bündnis gegen Bahnprivatisierung und gegen den Abbau des Schienenverkehrs. Menschen, die sich für eine Flächenbahn, für eine Bürgerbahn und für eine familienfreundliche, soziale Bahn engagieren. Bahnbeschäftigte und Nachtzugpersonale, die sich mehr als fünf Jahre lang für den Erhalt der Nachtzüge engagiert haben: Wir sind EMPÖRT, über die Kahlschlagpolitik des Bahnvorstands! Wird sind WÜTEND darüber, dass „die Politik“ nicht einschreitet – die Deutsche Bahn gehört zu 100 Prozent dem Bund und ist laut Grundgesetz Artikel 87e verpflichtet, dem „Allgemeinwohl“ zu dienen. Wir KÄMPFEN WEITER! V.i.S.d.P.: Dr. Winfried Wolf