Mehr Betonpisten dank ÖPP

Fahren die Menschen mit dem Auto oder mit Rad und Zug? Die Entscheidung hängt auch von den Rahmenbedingungen ab. Sind die Straßen gut ausgebaut, die Züge voll und verspätet und die Städte für Fußgänger und Radfahrer gefährlich, dann dominiert weiterhin das Auto. Der Autobahnbau ist eine politische Entscheidung. Je mehr die Politik in die Defensive gerät mit ihrer Pro-Autopolitik, desto fragwürdiger wird der Straßenneubau.

Möglicherweise beschließt ja der Bundestag zukünftig, weniger Geld für klima- und gesundheitsschädlichen Verkehr und mehr für Verkehrsreduktion und klimaschonende Mobilität auszugeben. Doch im Fall der Autobahnen könnte so ein Umsteuern wirkungslos bleiben. Denn seit dem Beschluss zur formellen Privatisierung der Autobahnverwaltung vom Juni 2017 hat das Parlament hier nur noch wenig zu bestimmen. Insbesondere die nunmehr deutlich größeren Möglichkeiten, Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) mit einer Laufzeit von 30 Jahren einzugehen, könnte den Autobahnausbau vorantreiben.

Die jüngst bekannt gewordene drohende Insolvenz des ÖPP-Betreibers A1 mobil warf ein Schlaglicht auf den Charakter von ÖPP-Verträgen. Die Eigentümer wollen jetzt den Bund auf eine Nachzahlung von über 800 Millionen Euro verklagen. Die Klage hat Aussicht auf Erfolg.

Längst ist bekannt: ÖPP ist intransparent und exorbitant teurer. Die A1-Mobil-Klage zeigt, welche Mechanismen dahinter stecken und wie damit der Betonpisten-Bau gefördert wird.

Die Eigentümer der A1 mobil – transnationale Konzerne – kalkulierten mit einem extremen Verkehrswachstum; ihre aus der Lkw-Maut gespeiste Rendite sollte explodieren. Schon wenige Monate nach Vertrags­abschluss im Finanzkrisenjahr 2008 wurde klar, dass der Lkw-Verkehr auf der Strecke teilweise rückläufig ist. Die A1-mobil-Einnahmen reichen nicht einmal aus, um die (enorm teuren) Kredite zu bedienen. Trotzdem wurde losgebaut. Man war sich offenbar sicher, dass eine Klage oder eine Insolvenzdrohung das Geld doch noch einbringen würde. Ist ein ÖPP-Vertrag erst einmal unterzeichnet, können die Privaten machen, was sie wollen. Und weil Bauen am meisten Geld bringt, wird eben gebaut. Jeder ÖPP-Vertrag zementiert also die rückständige Verkehrspolitik auf weitere 30 Jahre. Darüberhinaus sichern sich die Kapitalanleger so obendrein die Steuergelder – ganz unabhängig davon, ob das im Haushalt steht oder nicht. Ein ökologischer Umstieg muss also dringend ÖPP einen wirksamen Riegel vorschieben – sonst wird jede Art Verkehrswende von den ÖPP-Finanzinvestoren hintertrieben.

Carl Waßmuth, www.gemeingut.org