Einstieg in Bahnprivatisierung im Handstreich vor der Wahl geplant
Nach Bahn für Alle vorliegenden Informationen plant die DB AG einen Aktientausch mit der Russischen Staatsbahn RZD. Mit einer solchen Transaktion wäre die Bahn unwiederbringlich teilprivatisiert. Bei der deutsch-russischen Konsultation am kommenden Donnerstag soll offenbar Bundeskanzlerin Angela Merkel für den Deal gewonnen werden. „Die Russische Staatsbahn, die selbst dringend Geld braucht, kann die beim Tausch erhaltenen Aktien jederzeit an private Kapitalgruppen weiterverkaufen“ kommentiert Carl Waßmuth vom Bündnis Bahn für Alle den Vorgang. „Im Aufsichtsrat der DB ML AG säße dann ein privater Investor. Das Kreditranking der DB AG würde sofort heruntergestuft, so dass zusätzliche Zinsen in Milliardenhöhe anfallen würden.“
Auch wenn ein Weiterverkauf zunächst ausgeschlossen würde, wäre die Beteiligung der RZD an Teilen der DB AG hochproblematisch. Dabei gehe es nicht um Fremdenfeindlichkeit, so Waßmuth. Die Interessen der Russlands an der Deutschen Bahn seien geostrategischer Art: Hier gehe es um den langfristigen Zugriff auf die Verkehrs- und Energieinfrastruktur in Deutschland und auch um Interessen der russischen Autoindustrie, wie das derzeitige Tauziehen um Opel zeige. Die Interessen russischer Oligarchen wie RZD-Chef Jakunin und Regierungsschef Putin, die sich beide noch aus alten KGB-Zeiten kennen, sind von denen der russischen und der deutschen Bevölkerung weit entfernt.
Nach Angaben von Rolf Lutzke, Bereichsleiter Politik der Gewerkschaft Transnet, gegenüber Bahn für Alle wurden solche Pläne weder im Aufsichtsrat noch im „Jour fixe“ mit dem Bahnvorstand bisher auch nur angesprochen. Offenbar soll der Aktientausch am Aufsichtsrat, vorbei durchgeführt werden. Carl Waßmuth vom Bündnis Bahn für Alle: „Ein solcher Aktientausch wäre ein Schlag ins Gesicht für alle, die die Bahn zu 100% in öffentlicher Hand behalten wollen – und das sind in Deutschland 78 Prozent der Bevölkerung.
Bereits heute führe der Privatisierungskurs und vorauseilende Gehorsam gegenüber künftigen Aktionären zu massiven Einschränkungen des Bahnverkehrs und der Sicherheit, warnt Bahn für Alle. Dies sei neben dem weiterhin ungelösten ICE-Achs-Debakel nun am Beispiel der Berliner S-Bahn zu beobachten, wo ein vormals intaktes und gut funktionierendes Nahverkehrssystem so kaputtgespart wurde, dass nurmehr noch die Hälfte aller Züge fahren können. Vorher wurden Millionen über Millionen als Gewinne an die auf Börsenkurs fahrende Mutter DB AG abgeführt.
„Bei diesem handstreichartigen Privatisierungsdeal bleiben die Beschäftigten und Kunden auf der Strecke“, warnt Hans-Gerd Öfinger von der gewerkschaftlichen Basisinitiative „Bahn von unten“. Öfinger kritisierte, dass die Privatisierungspläne mit einem noch nie dagewesenen Kahlschlag im Bahn-Güterverkehr Hand in Hand gingen. So wolle das Management der DB-Güterverkehrssparte DB Schenker Rail jetzt mit Brachialgewalt bis 2011 eine Renditevorgabe von 14 Prozent umsetzen. Dies bedeute einen Abbau von 7000 Arbeitsplätzen, einen Kahlschlag bei der Infrastruktur und einen weiteren Rückzug aus der Fläche. Einen solchen Kahlschlag richte derzeit auch das Management der britischen DB-Schenker-Tochter EWS an, kritisierte Öfinger. „Wer in der aktuellen Wirtschaftskrise 14 Prozent Rendite anstrebt und die von der Bundesregierung ermöglichte Ausweitung der Kurzarbeit auf 24 Monate als „zu teuer“ verwirft, der will ein anderes Unternehmen schaffen, eine Güterfernbahn über wenige Korridore, die mit dem heimischen Güterverkehr in der Fläche nicht mehr viel am Hut hat. Dies ist auch aus sozialer und ökologischer Sicht eine Katastrophe“, kritisiert Alfred Lange, Betriebsratsvorsitzender bei DB Schenker Rail in Frankfurt am Main. Anstatt erfahrene und engagierte Lokführer, Rangierer, Wagenmeister und Handwerker auf die Straße zu setzen, sollte ihr Sachverstand genutzt werden, um die vorhandenen Loks und Waggons auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und die Güterbahn wieder im Nah- und Regionalbereich zu verankern, fordert Lange.
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