S-Bahn-Chaos 2.0: Bürger zahlen erneut die Zeche für die Börsenpläne von Bahnmanagement und Politik
Zum neuerlichen Zusammenbruch des S-Bahn-Verkehrs in Berlin als Folge defekter Bremszylinder erklärt das privatisierungskritische Aktionsbündnis „Bahn für Alle“:
Die Fahrgäste und S-Bahn-Beschäftigten in Berlin werden zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen Opfer der Börsenpläne der Deutschen Bahn AG. Darüber hinaus erleidet das Ansehen der Stadt Berlin sowie des Schienenverkehrs insgesamt einen schweren Schaden.
Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, warum die meisten der gerade im Wahlkampf befindlichen Bundestagsparteien weiter – kurz- oder mittelfristig –am Ziel eines Börsengangs festhielten, erklärte Hans-Gerd Öfinger von der gewerkschaftlichen Basisinitiative „Bahn von unten“. Der Teilverkauf der Deutschen Bahn sei derzeit nur wegen des schlechten Börsenumfelds und des Wahlkampfs ausgesetzt. Die eigens zur Teilprivatisierung geschaffene DB Mobility & Logistics AG (DB ML AG) bestehe weiterhin und die den Bahnvorstand zur Teilprivatisierung ermächtigenden Bundestagsbeschlüsse seien nicht außer Kraft gesetzt. Öfinger: „Dass die Substanz von Zügen und Gleisen zum Aufpolieren der Bilanzen ausgelaugt wird, ist unmittelbare Folge des Börsenkurses und des vorauseilenden Gehorsams der DB-Manager gegenüber den Renditeerwartungen künftiger Aktionäre.“
Das S-Bahn-Chaos zeige, dass der Schaden für die Bürger tritt nicht erst nach einem Teilverkauf eintrete. „Schon das grüne Licht der Politik für die Bahn, sich „kapitalmarktfähig“ machen zu dürfen, hat zur Vernachlässigung zentraler Sicherheitsbelange geführt“, erinnert Öfinger.
In den letzten Wochen seien nahezu alle der viel zu knappen Ressourcen für Wartung und Instandhaltung für die Kontrolle der Radsätze eingesetzt worden. Viele andere, ebenfalls sicherheitsrelevante Belange seien dadurch vernachlässigt worden.
Für die Fahrgäste sichtbar war das schon länger an der deutlich angestiegenen Zahl von Türstörungen. Bahn für Alle fragt: Welches Problem blüht uns angesichts der vernachlässigten Wartung als nächstes?
Öfinger: „Die DB AG hat abgesehen vom Auswechseln des S- Bahn-Vorstands nichts getan, um die Berliner S-Bahn aus der Misere zu führen. Notwendig wäre etwa eine Rücknahme der Kürzungen der letzten Jahre und die Bereitstellung umfangreicher Kapazitäten für Wartung und Instandhaltung aus anderen Bahn-Tochtergesellschaften. Stattdessen wurde inzwischen bekannt, dass die DB AG auch noch über Trasssengebühren und über „Umlagen und Managementverträge“ Gelder aus der Berliner S-Bahn abzieht. Viele S-Bahn-Linien waren in den vergangenen Jahren für mehrere Milliarden Euro direkt aus Steuergeldern saniert bzw. neu gebaut worden. Die DB AG streicht dafür jetzt die Gewinne ein. Zu den Managementverträgen gehören auch die Zahlungen an die vier freigestellten bisherigen S-Bahn-Manager, die weiterhin für die DB AG tätig sind.“
Die DB AG müsse jetzt auch Wiedergutmachung leisten, und zwar für alle Fahrgäste gleichberechtigt. Vor allem aber müsse das Aussaugen aufhören und stattdessen massiv investiert werden: in Werkstätten, in Neueinstellungen, in Ausbildung und in neues Wagenmaterial.
Hans-Gerd Öfinger Tel. 0173.6528418
„Bahn für Alle“ setzt sich ein für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand. Im Bündnis sind die folgenden 18 Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltorganisationen, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften vertreten: Attac, autofrei leben!, Bahn von unten, BUND, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die Grüne Jugend, die Grüne Liga, die IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.
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