Ramsauer macht es offiziell: DB sparte an Sicherheit, um „börsenfein“ zu werden
Das privatisierungskritische Aktionsbündnis Bahn für Alle sieht seine grundsätzliche Kritik am angestrebten Börsengang durch die jüngste Aussage von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zur Bahnsicherheit bestätigt: „Die DB wollte Geld sparen“, hatte Ramsauer in einem Zeitungsinterview erklärt.
Die DB hatte trotz der vielen Rissfunde an Achsen und Rädern von ICE-Zügen, Güterwagen und bei Fahrzeugen der Berliner S-Bahn stets behauptet, ihre Achsen und Bauteile wären dauerfest. So gab sie anlässlich einer Presse-Einladung in ein ICE-Ausbesserungswerk bekannt: „Das Material [der ICE-Achsen] ist auf Dauerfestigkeit ausgelegt. Es ist praktisch unkaputtbar“ (1). Mit Ramsauer hat erstmals ein für die Bahn verantwortlicher Entscheidungsträger der Politik die wichtige Unterscheidung zwischen „dauerfesten“ und „zeitfesten“ Bahn-Bauteilen getroffen.
Bahn für Alle freut sich über die Erkenntnis des Ministers: „Ramsauer legt den Finger in die Wunde. In der Fachwelt ist längst bekannt, dass Achsen und Räder der Bahn nur zeitfest sind. Die Bahnindustrie brauchte neue Aufträge und konnte deswegen nicht mit dieser Deutlichkeit darauf hinweisen“, kommentiert Carl Waßmuth die Aussage des Ministers. Carl Waßmuth ist Ingenieur und Materialexperte und vertritt Attac im Bündnis Bahn für Alle. Zu den Aussagen der Fachwelt sind unten Quellen angegeben (2)(3).
Ramsauers Ansicht, die Bahn habe „in Bezug auf Kundenorientierung und Sicherheit nur noch so viel gemacht wie unbedingt nötig war“, ist für Bahn für Alle indes noch eine Beschönigung der Lage: „Die Bahn hat teilweise sogar viel weniger getan als erforderlich war“, kritisiert das Aktionsbündnis die Auswirkungen der Börsenpläne auf Kundenorientierung, Klimaschutz und für die Sicherheit. Dazu Carl Waßmuth: „Die DB AG wusste natürlich von dem bedeutenden Unterschied zwischen zeitfest und dauerfest, denn dies sind elementare Begriffe des Ingenieurwesens. Schließlich hat sie ja selbst die Züge und Bauteile so spezifiziert und bestellt.“ Wer zeitfeste Bauteile einsetze, der müsse wissen, wann ihre Zeit um ist und die Festigkeit nachlässt.
Die DB AG habe jedoch ein Sparprogramm nach dem anderen aufgelegt – zuletzt unter Bahnchef Grube das Programm ReAct 2009. Eine deutliche „Spreizung von Wartungsintervallen“ in solchen Sparprogrammen sei dabei mit Verweis auf „dauerfeste Bauteile“ als „unkritisch“ dargestellt worden. Tatsächlich sei damit ein Versagen der nur zeitfesten Bauteile im Betrieb riskiert worden. Bahn für alle kritisiert, dass Ramsauer trotz seiner Erkenntnisse an einer Kapitalprivatisierung in etwa zwei bis drei Jahren festhalten will. Dies führe zwangsläufig zur weiteren Vernachlässigung der Sicherheit. Selbst wenn das Problem der „zeitfesten Achsen“ gelöst wäre, blieben anderswo zahlreiche Sicherheitsprobleme bestehen.
Waßmuth: „Die Interessen von Mitarbeitern und Kunden und der klimapolitisch notwendige Ausbau der Bahn stehen im Widerspruch zum Renditezwang. Bahn für Alle fordert die Politik auf, endlich ganz auf die Privatisierungspläne für die Bahn zu verzichten – so wie sich das 78% der Bevölkerung auch wünschen (4).
(1) http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1122/seite3/0004/index.html, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/49/398833/text/
(2) Grubisic,V. und Fischer, G :Auslegung von Radsatzwellen, Stellungnahme zur Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestags, 02.03.2010
(3) Fraunhofer-Studie »Einführung der Bruchmechanik zur Festlegung von Inspektionsintervallen für Radsatzwellen«, Überführung der Berechnung von Inspektionsintervallen für Radsatzwellen mittels bruchmechanischer Methoden vom Stand der Wissenschaft zur anerkannten Regel der Technik
(4) Emnid-Umfrage im Auftrag von Campact Oktober 2008: 78% gegen Bahnprivatisierung http://www.campact.de/img/bahn/emnid_2008.pdf
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