Privatisierungsvertrag Bahn: Nachbesserungen nur kosmetisch
Das Bündnis „Bahn für Alle“ hat die Änderungen am Privatisierungsvertrag als „rein kosmetisch“ bezeichnet. Carl Waßmuth, Verkehrsexperte beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac, einem der 16 Träger von „Bahn für Alle“, sagte: „Dieser Vertrag ist ein Skandal an sich. Die Änderungen von Tiefensee und durch die Koalition sind rein kosmetisch.“ Eine Analyse des Bündnisses „Bahn für Alle“ hat ergeben, dass der Vertragsentwurf keine Verpflichtungen der DB zu Verkehrsangeboten oder mehr Verkehr enthält. Selbst einen stärkeren Einfluss des hundertprozentigen Netzeigentümers Bund auf die DB Netz sucht man vergebens. Dafür werden die Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge von den Infrastrukturunternehmen zur DB AG „unverändert weitergeführt“.
Dass der Privatisierungsvertrag nicht die Interessen des Bundes erfüllt, sondern die der DB AG und der zukünftigen Investoren, zeige auch sein Zustandekommen: Im Verlauf der Bundestagsabstimmung über das Holding-Modell wurde bekannt, dass der parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann (SPD) in den Vorstand der neuen DB-Holding überwechseln und dass Thomas Kohl, Hauptabteilungsleiter Eisenbahn im Verkehrsministerium, ebenfalls bei der DB beschäftigt werden soll. „Bananrepublik ist ein geordnetes Verfahren dagegen!“, monierte sogar der FDP-Bundestagsabgeordnete Horst Friedrich.
Kohl und Großmann hatten federführend die Interessen des Bundes zu vertreten in all den Verhandlungen mit den Vertragsspartnern von der DB AG und sind für den Beteiligungsvertrag und alle Begleittexte zuständig.
Der Vertrag wurde dann erst nach der Bundestags-Abstimmung vorgelegt. Dazu Carl Waßmuth von „Bahn für Alle“: „Diese beauftragten Vertreter der öffentlichen Belange haben sich von der DB AG über den Tisch ziehen lassen, um auf der anderen Seite im Vorstandssessel zu landen. Andere verdiente Privatisierungspolitiker dürften bald folgen. Neu geschaffene (übrigens kostenträchtige) Vorstandsposten und Aufsichtsratsmandate gibt es nun genug.“
Als Norbert Hansen auf die andere Seite des Verhandlungstisches wechselte, wurde ihm vorgeworfen, er habe „gewerkschaftliche Interessen verraten“ (so der Grüne Bundestagsabgeordnete Winnie Hermann). Dass die Tischseitenwechsler Kohl und Großmann durch diesen Vertragsentwurf die Interessen von Bund, Ländern, Gemeinden und Bahnkunden gegenüber dem DB-Konzern kaum gewahrt haben, wird in dem vierzeiligen Vertragsteil „Erhalt des Verkehrsangebots“ deutlich. Dort verpflichtet sich die teilprivatisierte DB ML AG, „so frühzeitig wie möglich vor jedem Fahrplanwechsel über alle beabsichtigten wesentlichen Veränderungen ihres Personenfernverkehrsangebots … zu berichten“, damit „der Bund seiner grundgesetzlichen Verantwortung nach Artikel 87e Abs. 4 GG nachkommen kann“.
Carl Waßmuth dazu: „Tiefensee hat am 30. Mai diesen Jahres lauthals verkündet: ‚Der Bund behält die Zügel in der Hand.‘ Spätestens jetzt sollte allen deutlich sein, dass das nicht der Wahrheit entspricht“.
„Bahn für Alle“ ist ein Bündnis von 16 Organisationen aus Globalisierungskritikern, Umweltorganisationen, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Träger des Bündnisses sind Attac, Bahn von unten, BUND, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Grüne Jugend, Grüne Liga, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.
Der Vertragsentwurf zum Download
Für Rückfragen:
- Carl Waßmuth (Attac), Telefon 0179 / 772 43 34
- Stefan Diefenbach-Trommer 06421 / 933 050
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