Bahnprivatisierung wäre ein Verlustgeschäft
„Kapitaleigner suchen sichere und lukrative Anlagemöglichkeiten. Doch diese Möglichkeiten etwa durch einen Verkauf der Bahn zu schaffen, ist nicht primäre Aufgabe der Politik“, kritisierte Carl Waßmuth vom Bündnis „Bahn für Alle“ die aktuelle Debatte zur Bahnprivatisierung. „Das Steinbrücksche Holding-Modell zur Bahnprivatisierung ist ein Verlustgeschäft ohnegleichen für die Gemeinwirtschaft. Die vermeintliche kurzfristig vergrößerte Leistungsfähigkeit wird mit massiven, mittel- und langfristig wirkenden Verschlechterungen erkauft. Diese werden den Steuerzahlenden, den Beschäftigten und der Bahnkundschaft aufgebürdet.“
Bereits jetzt werde deutlich, dass die Privatisierungserlöse vor allem dazu dienen sollen, Löcher zu stopfen, die der vorangegangene Privatisierungskurs gerissen hat. „Mit einem Teil der Erlöse sollen Bahnhöfe saniert werden, nachdem die Deutsche Bahn AG Hunderte Bahnhofsgebäude verscheuert hat“, bemängelte Waßmuth, Bahnexperte des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, einem der 17 Träger von „Bahn für Alle“.
Die Parteien müssten Visionen und Ziele für Verkehr und Umweltschutz entwickeln und dafür die Bedingungen schaffen. „Das zentrale Ziel der Bahnreform von 1994 war, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, um unsere Umwelt und Gesundheit zu schützen. Das vom Bundestag in Auftrag gegebene Primon-Gutachten hat gezeigt: Dieses Ziel wird mit einem Börsengang nicht erreicht“, sagte Monika Lege, Verkehrsreferentin der Umweltorganisation Robin Wood, ebenfalls Träger von „Bahn für Alle“. „Wenn der Parteirat der SPD die Privatisierung der Bahn durchwinkt, wird am Ende auch die Infrastruktur den Interessen privater Eigentümer ausgesetzt. Denn tatsächlich werden Schienennetz und Bahnhöfe nicht in direktem Bundesbesitz stehen, sondern im Eigentum der DB AG, die im Holding-Modell eine verhängnisvolle Partnerschaft mit Privatinvestoren eingeht.“
Der Widerstand gegen die Privatisierungspläne wächst innerhalb und außerhalb der SPD. Mittlerweile haben die Landesverbände Berlin und Bayern den Vorschlag der „AG Bahnreform“ verworfen. Aus vielen untergeordneten SPD-Gliederungen gibt es entsprechende Beschlüsse. Die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) hat während ihres Bundeskongresses in Kassel gefordert, „alle Pläne für einen Börsengang ohne reines Volksaktienmodell aufzugeben“. Das Bündnis „Bahn für Alle“ ist um zwei weitere Mitgliedsorganisationen gewachsen und wird nun von 17 Organisationen getragen.
Der Kinder- und Jugendverband Die Falken kämpft aus Sorge um die Mobilität Minderjähriger gegen die Bahnprivatisierung. „Kinder und Jugendliche haben nur wenig eigenes Geld zur Verfügung und sind selten motorisiert, so dass sie in besonderem Maße auf ein verlässliches öffentliches Verkehrssystem angewiesen sind. Daher streiten wir um ein Kinderrecht auf Mobilität“, sagte Sven Frye, Bundesvorsitzender der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken.
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) fürchtet, dass der aus ökologischer Sicht beste Verkehrsträger, die Bahn, unter Renditeinteressen leiden wird. „Der Klimawandel ist real. Die Bahn ist eine Alternative zum Auto- und Flugverkehr, sie spart den Neubau von Straßen und Ortsumfahrungen, wenn sie einen flächendeckenden Netzverkehr mit guten Umsteigemöglichkeiten bietet“, sagte Oliver Kalusch vom geschäftsführenden Bundesvorstand des BBU. „Private Eigentümer interessieren sich nur für einzelne Verbindungen. Die Einnahmen daraus fehlen dann dem Staat, um die Flächenbahn zu finanzieren.“
„Bahn für Alle“ ist ein Bündnis von 17 Organisationen aus Globalisierungskritikern, Umweltorganisationen, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Träger des Bündnisses sind Attac, Bahn von unten, BUND, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, Grüne Liga, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.
Für Rückfragen: * Monika Lege (Robin Wood), Telefon 040 / 380 892 12 (Rufumleitung) * Carl Waßmuth (Attac), Telefon 0179 / 772 43 34
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