Börsengang der Bahn endlich abblasen
Einen Tag vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfes zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn im Bundestag hat das Bündnis „Bahn für Alle“ gefordert, den Börsengang der Bahn endgültig abzublasen. „Das Gesetz muss dort landen, wo es hingehört: auf dem Kehrichthaufen der Geschichte“, sagte Winfried Wolf von „Bahn für Alle“ am Donnerstag in Berlin. Der Versuch der Koalitionsspitze, die Verschleuderung von Volksvermögen gegen den breiten Widerstand von Politik und Gesellschaft durchzudrücken, zeuge von einem fehlenden demokratischen Grundverständnis. Laut einer Forsa-Umfrage vom Juli lehnen 64 Prozent der Bevölkerung einen Verkauf der Bahn ab.
Peter Conradi, Bahnexperte und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, kritisierte das Vorhaben, den Text der Bundesregierung am Freitag als gemeinsamen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen einzubringen. „Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD machen sich zu willigen Erfüllungsgehilfen der Regierung, wenn sie dieses nach überwiegender Expertenmeinung verfassungswidrige Gesetz einbringen“, sagte er. Die Absicht der Bundesregierung, die formalrechtlich bundeseigene Eisenbahn-Infrastruktur einer teilprivatisierten Bahn faktisch zu schenken, komme einer versuchten Veruntreuung öffentlichen Eigentums gleich.
„Sämtliche Erfahrungen mit Bahnprivatisierungen in anderen Ländern sind negativ“, betonte der Verkehrswissenschaftler Winfried Wolf, der die von ihm verfasste Studie „Mit Hochgeschwindigkeit aufs falsche Gleis – Bahnprivatisierung in Deutschland und international“ vorstellte. „Es kommt zur Zerschlagung einheitlicher Bahnen, zur Halbierung der Belegschaften, zu einem Abbau in der Fläche und dennoch gleichzeitig zu größeren finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand.“ Herausgeber der Studie sind das Münchner Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung und das Bündnis „Bahn für Alle“.
„Von einem Börsengang der Bahn würden nur die Investoren profitieren – die Beschäftigten und Kunden sowie der Klimaschutz blieben auf der Strecke“, betonte Sabine Leidig, Geschäftsführerin von Attac Deutschland. Ein Verkauf der Bahn biete vor allem den großen Konzernen die Möglichkeit, einen wichtigen Teil ihrer globalen Transportinfrastruktur selbst zu kontrollieren. „Was passiert, wenn der Staat die demokratische Kontrolle über die öffentliche Infrastruktur aus der Hand gibt, sieht man am Negativ-Beispiel der Energiekonzerne“, warnte Sabine Leidig. Weltweit wachse der Widerstand gegen die neoliberale Globalisierung. Statt auf ein totes Pferd zu setzen, gelte es, endlich nach Möglichkeiten für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand zu suchen.
„Bahn für alle“ ist ein Bündnis von 13 Organisationen aus Globalisierungskritikern, Umweltschutzverbänden und Gewerkschaften und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Träger des Bündnisses sind Attac, Bahn von unten, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, Grüne Liga, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg und ver.di.
Für Rückfragen: * Dr. Winfried Wolf, „Bürgerbahn statt Börsenbahn“, Tel. 0177 – 6724 4377 * Sabine Leidig, Attac-Geschäftsführerin, Tel. 0175 – 292 4257 * Peter Conradi, ehem. MdB (SPD), Tel. 0711 – 242 675
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