Züge statt Flüge: Wird mit TEE 2.0 der LunaLiner© Realität?

Fachleute und Journalist*innen zeigen sich bis heute interessiert – und die Bahnkund*innen sowieso: am LunaLiner, einem Nachtzugnetz, das ganz Europa miteinander verbindet. Das Bündnis Bahn für Alle stellte das Konzept am 31. Mai 2016 in Berlin auf einer Pressekonferenz vor, ein halbes Jahr vor dem von der Bahn angekündigten und dann auch vollzogenen Nachtzug-Aus.

Bahn für Alle hatte das Konzept für ein neues, europaweit vernetztes und vertaktetes Nachtzugnetz gemeinsam mit Fachleuten und Kooperationspartnern erstellt. In einem Faltblatt stellt Bahn für Alle mit Karte, Netzplan, Kurssystem und Symmetrie-Tabelle die Mobilität der Zukunft vor – komfortabel und klimafreundlich. Gemeinsam mit der Redaktion Lunapark21 gab Bahn für Alle ein Lunapark21-Extra (Nr. 12/13) „Nachtzüge“ im Juni 2016 heraus.

Leider gab es bislang weder in Deutschland noch auf EU-Ebene wirklich ernsthafte Bemühungen für die Umsetzung eines solchen Konzepts, das endlich die aus Klimaschutzgründen dringend erforderliche Verlagerung von innereuropäischem Verkehr aus der Luft auf die Scheine ermöglichen würde. Das europäische Netzwerk „Back on Track“ an dem Bahn für Alle beteiligt ist, setzt sich für eine Renaissance der Nachtzüge auf dem ganzen Kontinent ein.

Das Auf und Ab der Nachtzuggattung

Die Vorteile eines Nachtzugsystems waren beim Start der Bahnreform erkannt. Auch hinsichtlich der Möglichkeit, ein Wachstum des Flugverkehrs auszubremsen. Doch es kam zum schleichenden Tod der Nachtzüge, die bis dato viele Städte Europas verbanden. Der Boom der Billigfliegerei, mit der das Klima im besonderen Maß belastet wird, wurde dadurch begünstigt. Die DB AG stellte  ihren Nachtzugverkehr schließlich Ende 2016 komplett ein, trotz vieler Proteste. Ein Teil der Züge und Strecken wurde von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) übernommen und wird seitdem unter der Marke „NightJet“ betrieben. Die ÖBB sind wirtschaftlich zufrieden mit den Zügen und strafen damit die DB-Manger Lügen, die immer wieder behauptet hatten, die Züge seien unwirtschaftlich. Etwa 1,5 Millionen Fahrgäste der ÖBB reisten 2019 im NightJet. ÖBB-NightJets fahren derzeit innerhalb Österreichs von Wien, Graz und Villach Richtung Feldkirch und Bregenz. Darüber hinaus gibt es Züge nach Zürich, Berlin, Hamburg, Düsseldorf sowie nach Brüssel. Auch Italien, Kroatien, Polen und Tschechien werden angefahren. Aktive des Bündnisses Bahn für Alle begrüßten am 10. Dezember 2018 den ersten neuen Nachtzug aus Wien, dessen Fahrt über Tschechien und Polen führte, bei seiner Ankunft am Berliner Hauptbahnhof. Auch während der Fahrt wurde an anderen Bahnhöfen der Zug von Bahnfreund*innen begrüßt. Seit dem Fahrplanwechsel 2020 bieten die ÖBB  Amsterdam als tägliche Verbindung im Nachtzugprogramm an. Besonders beliebt sind die Verbindungen auch nach Rom, Hamburg, Venedig und Zürich.

Derweil fährt die DB nun selbst immer mehr ICE- und InterCity-Züge über Nacht, weil es eben durchaus eine große Nachfrage nach nächtlichen Verbindungen gibt. Die Verbindungen sind allerdings mit Nachtzügen nicht zu vergleichen, weil sie nur das Reisen im Sitzen ermöglichen und man eben nicht wie bei echten Nachtzügen ausgeschlafen am Zielort ankommt. Ein weiterer Vorteil früherer Nachtzugverbindungen ging auch verloren: Der Fahrradwagen erlaubte nicht nur die Mitnahme von Fahrrädern, sondern auch von Tandems, Fahrradanhängern et cetera.

TransEuropExpress (TEE) 2.0

Auf dem sogenannten EU-Schienengipfel: „Innovativer Schienenverkehr – vernetzt, nachhaltig, digital“ am 21. September 2020 stellte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nun das Konzept für einen „TransEuropExpress (TEE) 2.0“ vor.

Die Bahn mache Europa noch klima- und umweltfreundlicher, so der Minister. „Gute Angebote können Lkw-Fahrten und Flüge ersetzen. Wir wollen den Schienengüterverkehr weiter stärken und dazu beitragen, die europäischen Metropolen mit Hochgeschwindigkeits- und Nachtzügen besser zu verbinden“, führte der Minister weiter aus. Das Konzept TransEuropExpress 2.0. setze auf attraktive, schnelle und durchgehende Fernverkehre über Grenzen hinweg. Auf einen Europatakt für die Schiene. Das Ziel sei: „mit der Bahn besser durch Europa“. (Quelle: Website BMVI)

Schade ist, dass das Konzept vor allem von bestehenden Verkehren und deren Vernetzung ausgeht, also wenig Neues schafft.

Interessant hingen ist, dass das BMVI als Ideengeber ganz explizit NICHT davon ausgeht, dass sich so etwas mit dem „freien Eisenbahnmarkt“ in Europa umsetzen lässt und der Wettbewerb es schon richten werde, sondern es schlägt eine gemeinsame Gesellschaft der europäischen Bahnen vor. Gegründet werden soll sie von SNCF und DB (die auch schon die Frankfurt/Stuttgart – Paris – Linien erfolgreich gemeinsam betreiben), und andere Bahnen (NS, ÖBB, SBB) könnten sich anschließen. Die Gesellschaft soll ein eigenes Eisenbahnverkehrsunternehmen sein, aber die Dienstleistungen bei ihren Muttergesellschaften einkaufen. Das ist also ganz klar die Kooperation, die Bahn für Alle schon lange als den richtigen Weg propagiert, weil nur so die Kompetenz der Bahnen eingebracht werden kann – inklusive ausgebildetem Personal (vgl. Folie 15 der BMVI-Präsentation). In der Präsentation werden sogar schon konkrete Fahrzeugkonzepte diskutiert.

Für die Nachtzüge ist das Konzept leider weniger enthusiastisch, aber auch diese nehmen immerhin einen Raum ein, und es wird eine Reihe sinnvoller Linien vorgeschlagen (u.a. Kopenhagen – Amsterdam/Paris, Berlin – Paris, Warschau – Brüssel oder Berlin – Rom/Nizza). Zu diesem Teil gibt es aber keine Aussagen, wie das umgesetzt werden soll. Eigentlich sollten hier aber die gleichen Argumente gelten wie für die „Tages-TEE“, dass nämlich die Kooperation entscheidend ist. Dass hier aber in der Präsentation des BMVI nur die Linien vorgestellt werden und kein konkretes Konzept, dass außerdem an mehreren Stellen von den Problemen gesprochen wird, zeigt recht deutlich, dass die Umsetzung bei den Nachtzügen für das BMVI wesentlich weiter weg ist. Warum schlägt es nicht ebenso eine Gesellschaft (oder die gleiche) zum gemeinsamen grenzüberschreitenden Betrieb der Nachtzüge vor?

Neue Nachtzüge? Ein Anfang, aber mehr auch nicht

Großer Bahnhof. Am 8. Dezember 2020 stellten die Verkehrsminister und die Verkehrsministerin (in Österreich gibt es mit Leonore Gewessler eine Frau im Verkehrsministerium) sowie die Bahnchefs von Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz eine Kooperation für neue Nachtzüge vor. Zu dem schon in den letzten Jahren angewachsenen NightJet-Netz der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sollen zahlreiche neue Linien kommen: unter anderem zwischen Paris und Wien sowie Zürich und Amsterdam (ab 2021), zwischen Berlin, Brüssel und Paris (ab 2023), Zürich – Barcelona (ab 2024) und Zürich – Rom (noch ohne Datum).

Hier geht es zum Beitrag „Neue Nachtzüge? Ein Anfang, aber mehr auch nicht“ von Dr. Bernhard Knierim

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