Rundbrief Ausgabe 59 // 23. Mai 2024

Abstürzende Luftschlösser

Liebe Freundinnen und Freunde von Bahn für Alle,

liegt die Lösung in der Luft, wenn es am Boden nicht klappt? Bundesverkehrsminister Volker Wissing will 150 Millionen Euro in ein Flugtaxi-Projekt stecken. Das wievielte sinnlose und umweltschädliche Luftschlossprojekt eines Ministers ist das? Die geplatzte PKW-Maut kostete den Bund gerade erst 240 Millionen Euro. Deutlich besser wäre es, mehr Steuerungswillen und mehr Geld in die bröckelnde Schieneninfrastruktur zu stecken. Dort werden nicht nur 150 oder 240 Millionen benötigt, das macht der im Mai von der Bahntochter DB InfraGo veröffentlichte Netzzustandsbericht 2023 deutlich, der erstmals auch Bahnhöfe berücksichtigt.

Der Zustand des deutschen Schienennetzes hat sich laut Bericht im vergangenen Jahr weiter verschlechtert. Der akute Sanierungsstau beläuft sich demnach inzwischen auf 92,3 Milliarden Euro. Einen „zustandsbasierten Nachholbedarf“ (mit den Noten schlecht, mangelhaft und einschränkend) sieht der Bericht in allen Kategorien. Bereits 16 Prozent des Schienennetzes befinden sich im Zustand des Verfalls, wenn nicht zügig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Besonders schlecht benotet werden in dem Bericht die Bereiche Stellwerke (Note 4,02), Bahnübergänge (Note 3,37) und Weichen (3,10) im Vergleich zur für alle Bereiche vergebenen Gesamtnetz-Zustandsnote von 3,03.

Bahnhöfe standen einmal für Kathedralen der Moderne. Im tristen Bahnhofsalltag ist davon wenig zu spüren. Kein Wunder, der Nachholbedarf liegt bei 17,56 Milliarden Euro. Vor allem Anzeigetafeln und Lautsprechersysteme (Note 4,21), Rolltreppen (Note 3,92), Aufzüge (3,58), Bahnsteighallen (3,43) und Unterführungen (3,40) sind in einem schlechten Zustand.

Zwar hat der Bund seine Ausgaben für die Schieneninfrastruktur gesteigert, aber die sukzessive bekannt werdenden Summen des Sanierungsstaus wachsen schneller. Da kommen im FDP-geführten Verkehrsministerium Pläne für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) im Schienenbereich auf – ein gefährliches Spiel. Bei ÖPP-Projekten im Bereich Autobahnen zahlt die öffentliche Hand regelmäßig drauf, wie die Rechnungshöfe immer wieder aufzeigen.

Derweil spart sich die DB kaputt. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters fielen bereits Wörter wie „Einstellungsstopp“ und eine fast konzernweite „Ausgabensperre“. Beim Fernverkehr sollen 250 Millionen Euro eingespart werden. In Stuttgart bleibt die Deutsche Bahn wohl nach einem jüngsten Gerichtsurteil auf Milliarden an Mehrkosten sitzen. Ging man 1995 noch von 2,6 Milliarden Euro für S21 aus, kalkuliert man inzwischen elf Milliarden – wohlgemerkt für ein Projekt, das für Reisende keinen Mehrnutzen bringt.

Bahn für Alle fordert daher die gemeinnützige Bahn. Eine Bahn, deren Aktivitäten sich am Gemeinwohl, den Mobilitätsbedarfen und dem Klimaschutz ausrichten. Milliarden für den Abbau der Kapazitäten eines Bahnknotens auszugeben wie in Stuttgart wäre nicht mehr möglich. Und statt für 1,7 Millionen Euro Partys zu schmeißen (wie die DB im Januar in Hamburg und Berlin zum Start der InfraGO) müsste das Management belegen, dass es dem Gemeinwohl dient. Mancher Partymanager würde dann wohl lieber anderswo anheuern. Auch nicht schlecht, vielleicht könnten dann endlich wieder echte Eisenbahner die Bahn führen.

Herzlich grüßen
für das Bündnis Bahn für Alle

Carl Waßmuth | Katrin Kusche

PS: Leiten Sie unsere Mail gern an Bahn-Freundinnen und -Freunde weiter.

INFOBOX/PRESSESCHAU (Auswahl)

Presse-/Medienreaktionen auf Bahn für Alle seit dem letzten Rundbrief:

14.05.2024| nachdenkseiten.de: „Kalkulierte Katastrophe. Stuttgart 21 war schon bei Vertragsabschluss ein Milliardengrab“. Ralf Wurzbacher zitiert in seinem Beitrag über das Bahn-Desasterprojekt auch Carl Waßmuth, Sprecher von Bahn für Alle.

09.04.2024 | junge Welt: „Bahn erhöht Trassenentgelte. Verkehrswende paradox. Netzagentur genehmigt exorbitant höhere Trassenentgelte. Güterbahnverbände fürchten Transportverluste, Ministerium signalisiert Entgegenkommen“ – in dem Beitrag kritisiert Carl Waßmuth, die Regierung sei „drauf und dran, die Verkehrswende abzuwürgen“.

22.03.2024 | heise.de: „Bundestag stimmt gegen Zerschlagung der Deutschen Bahn“, Beitrag von Andreas Wilkens. Bahn für Alle warnt davor, dass die neue Tochter DB InfraGo die Sollbruchstelle werden könnte, um Betrieb und Infrastruktur der DB zu trennen und den Betrieb dem privaten Wettbewerb zuzuführen. Jetzt gab es einen entsprechenden Antrag zur Zerschlagung der Deutschen Bahn von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Er wurde zum Glück abgelehnt.

21.03.2024 | nd: Für das nd arbeitet Rainer Balcerowiak die desaströse Bilanz der Deutschen Bahn AG auf und geht dabei auch auf die Forderungen von Bahn für Alle ein. Titel des Artikels: "Jetzt droht Pünktlichkeitsoffensive".

21.03.2024 |Radio Lora München.  Interview mit Carl Waßmuth zu den Vorstellungen von Bahn für Alle für eine gemeinnützige Bahn. Nachzuhören ab Minute 26:01 unter http://live.lora924.de:8000/podcast/loramagazin-donnerstag.mp3.

20.03.2024 | Lok Report: Aufnahme der Presseerklärung von Bahn für Alle „Bahn für alle: Schluss mit dem Bahnkunden-Großversuch — her mit der gemeinnützigen Bahn“.

05.03.2024 | nd: "Berlin: S-Bahn-Vergabe bleibt riskant." Nicolas Šustr zitiert in seinem Artikel für das nd auch Jorinde Schulz vom Aktionsbündnis EINE S-Bahn für ALLE.

28.02.2024 | Lok Report: Aufnahme unserer Presseerklärung unter dem Titel „Berlin: S-Bahn Berlin - Kommunalisierung statt fauler Kompromiss“.

23.02.2024 | Lok Report: Aufnahme unserer Presseerklärung unter dem Titel „Bahn für Alle: Warum übernimmt Berlin die S-Bahn nicht in die öffentliche Hand?“.

17.02.2024 | junge Welt: Im Beitrag „Bahn in Auflösung“ (hinter einer Bezahlschranke) berichtet der Autor über die von der EU-Kommission betriebene Zerschlagung der Frachtsparte DB Cargo. Bahn für Alle beklagt im Artikel die "Attacke gegen die Interessen von Deutschland". Hingegen störe es die EU überhaupt nicht, „dass die schädlichsten Verkehrsformen Auto, Lkw und Flugzeug staatlich massiv subventioniert werden“, und Bahn für Alle gibt zu bedenken: „Wäre die Bahn gemeinnützig, gäbe es keine rechtlichen Hebel gegen eine Förderung von Klimaschutz."

07.02.2024 | nachdenkseiten.de: „Endstation Haushaltsloch. Deutsche Bahn bläst Zukunft ab“ – ein Beitrag von Ralf Wurzbacher. Hier übt Carl Waßmuth von Bahn für Alle scharfe Kritik an der Bundesregierung, welche die Mobilitätswende in die Tonne trete. "Mit der Absage von allen Neu- und Ausbauprojekten stirbt die Hoffnung, Dauerstau und Abgasgiftwolken jemals zu entrinnen." Er weist darauf hin, dass gerade "kleine und mittlere Ausbaumaßnahmen schnell und günstig Flaschenhälse auflösen könnten". Bahn für Alle hat eine Liste mit 43 grünen Projekten erstellt, die zeige, "wo jetzt investiert werden müsste, um zügig Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern". Auch mit der Förderung von Dienstwagen geht Waßmuth hart ins Gericht.

31.01.2024 | junge Welt: S-Bahn Berlin: Die Ausschreibung wird zu einer Hängepartie ohne Ende mit Mehrausgaben von mindestens zwölf Milliarden Euro, so Bahn für Alle in der jungen Welt. Daher: Ausschreibung stoppen! Beitrag von Ralf Wurzbacher unter dem Titel: „Hinterhalt Ausschreibung“.

24.01.2024 | junge Welt: Ralf Wurzbacher berichtet in der jungen Welt von der "Show für die Schiene".  Carl Waßmuth von Bahn für Alle kritisiert im Beitrag: "Die Infra-GO ist nicht gemeinnützig ... Damit knallt das größte Bahnreformprojekt der Ampel voll gegen den  Prellbock.“

21.01.2024 | taz: "Nächster Halt Gemeinwohl?" ist der Artikel von taz-Redakteurin Nanja Boenisch überschrieben. Carl Waßmuth von Bahn für Alle: "Schon die Gründung der InfraGO hat die Einheit von Rad und Schiene zerstört, die ganze Bahn muss gemeinnützig werden.“

20.01.2024 | nachdenkseiten.de:  In seinem Beitrag "Alles beim Alten. Die neueste Bahn-Reform wirkt wie zum Scheitern gemacht" untersucht Ralf Wurzbacher die neue DB InfraGO AG. In seinem Artikel zitiert er auch Bahn für Alle.

Pressemitteilungen/Nachrichten von Bahn für Alle seit dem letzten Rundbrief:

15.05.2024 | „Bahnnotstand auf der Schiene“. In einer Sonderausgabe des Magazins „Umsteiger aktuell“ schlägt der Fahrgastverband PRO BAHN Landesverband Hessen Alarm. In der Ausgabe vom 3. Mai hat der Verband, der Mitglied im Bündnis Bahn für Alle ist, aktuelle Beispiele des Bahnnotstands in Hessen zusammengetragen. Unter Überschriften wie „Züge der Kurhessenbahn fallen seit Jahren immer wieder aus“ oder „Cantus Verkehrsgesellschaft in Nordhessen auch nur in reduzierter Leistung“ listet der Verband die bestehenden Mängel ganz konkret auf .

20.03.2024 | Pressmitteilung „Unzuverlässig, verschlissen, teuer …  Schluss mit dem Bahnkunden-Großversuch — her mit der gemeinnützigen Bahn“. Am Vortag der anstehenden Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bahn AG zieht das Bündnis Bahn für Alle wie jedes Jahr seine eigene Bilanz zum Zustand des staatlichen Bahnkonzerns und kommt zu dem Fazit: Grundsätzliche Änderungen sind überfällig! Am Ende des 30 Jahre dauernden Experiments sagen wir: Schluss mit dem Bahnkunden-Großversuch – her mit der gemeinnützigen Bahn!

28.02.2024 | Pressemitteilung „S-Bahn Berlin: Kommunalisierung statt fauler Kompromiss“ Die Bündnisse EINE S-Bahn für ALLE, Bahn für Alle sowie die Initiative Gemeingut in BürgerInnenhand lehnen den Vorschlag des Kammergerichts Berlin aus der Verhandlung am 23. Februar für eine Einigung mit Alstom ab. Sie fordern den Abbruch der milliardenschweren Ausschreibung und stattdessen die Kommunalisierung der S-Bahn in Berlin.

23.02.2024 | „Gericht: S-Bahn-Privatisierung verzögert und verteuert alles. Warum übernimmt Berlin die S-Bahn nicht in die öffentliche Hand?“ Pressemitteilung von Bahn für Alle und EINE S-Bahn für ALLE. Im noch laufenden Verfahren um die Ausschreibung der S-Bahn zeichnet sich zur Stunde ab, dass das Gericht in vier von fünf zentralen Punkten geneigt ist, dem Antragsteller Recht zu geben. Bahn für Alle und EINE S-Bahn für ALLE fordern seit langem den Stopp der Ausschreibung.

29.01.2024 | Pressemitteilung „Kostenexplosion bei S-Bahn: Bündnisse fordern sofortigen Stopp der Ausschreibung“. Die Bündnisse Bahn für Alle, EINE S-Bahn für ALLE sowie das Netzwerk Gemeingut in BürgerInnenhand fordern vom Berliner Senat den sofortigen Abbruch der S-Bahn-Ausschreibung. Die eklatante Kostenexplosion gefährdet die Entwicklung des ökologischen Verkehrsträgers. Statt acht Milliarden Euro sollen jetzt 20 Milliarden Euro ausgegeben werden.

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