Rundbrief Ausgabe 62 // 22. August 2024

Kontrollverlust bei der Bahn nun amtlich

Liebe Freundinnen und Freunde von Bahn für Alle,

die Deutsche Bahn schlingert durch Raum und Zeit. Die Position der Kunden inmitten des Desasters ist denkbar schlecht.  Mal fällt der Zug komplett aus, mal kommt er Stunden später, mal wird er weiträumig umgeleitet. Wo es auf dem platten Land noch Bahnverbindungen gibt, stehen sich Pendler und Touristen in überfüllten Regionalzügen die Beine in den Bauch. Die Gepäckablagen sind unzureichend, und Fahrradmitnahme ist Glücksspiel. Der Kauf der Bahncard und von Fahrscheinen strotzt durch den Digitalzwang vor Diskriminierung. „Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt", zitierte die Süddeutsche Zeitung Anfang der Woche ein Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn (DB), das von „Kontrollverlust“ sprach. Allein in diesem Jahr mussten Fahrpläne der Deutschen Bahn schon mehr als zwei Millionen Mal geändert werden. Was für ein Irrsinn!

Irrsinn sind auch die Finanzen. Im ersten Halbjahr machte die Deutsche Bahn schwindelerregende Verluste in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Jahrzehntelang haben der Konzern und der Staat als Eigentümer die Infrastruktur vernachlässigt, zurückgebaut und Instandhaltungskosten gespart, auf diesem Weg wurden künstlich erzeugte Gewinne ausgewiesen. Damit rechtfertigte man die immensen Gehälter und Boni des DB-Konzernmanagements. Es war klar, dass sich diese Strategie irgendwann rächen würde. Dieses Irgendwann ist jetzt. Am Schienennetz müssen milliardenschwere Reparaturen vorgenommen werden, andernfalls droht der Betrieb ganz zusammenzubrechen.

Auf kaputte Brücken und zerfallende Bahnanlagen kann man nur durch zügige Sanierung reagieren, und das kostet Geld. Das aber fließt nur zögerlich. Schnell kam nach der Halbjahresbilanz allein die Ankündigung, bei wem die Verluste abgeladen werden sollen: Bis zu 30.000 Stellen sollen abgebaut werden, die Ticketpreise steigen noch schneller als sonst, und der Fernverkehr droht ausgedünnt zu werden. Dazu werden die Trassenpreise im Fernverkehr um bis zu 17,7 Prozent angehoben, und auch für den Güterverkehr auf der Schiene wird es deutlich teurer. Leidtragend sind somit die Beschäftigten der DB, die Bahnkunden und mittelbar die Umwelt, wenn noch mehr Lkws die Autobahnen verstopfen. Und weil die Generalsanierungen immer öfter mit Komplettsperrungen vorgenommen werden, verzweifeln die Pendler. Würde es die Politik wagen, die Autobahn Berlin–Hamburg erst fünf Monate durchgängig auf Tempo 30 zu setzen, mit streckenweiser Umleitung, um sie anschließend dann neun Monate komplett zu sperren?

„Mehr Bahn für alle“ ist der aktuelle Slogan der DB. Dass dabei der Name unseres Bündnisses gekapert wurde – geschenkt. Aber nun ergänzt das Bahnmanagement den Spruch allen Ernstes um den Zusatz „mit weniger Beschäftigten“. Hätte es gesagt „mit weniger Managern“, hätten wir zugestimmt. Immerhin kosten Vorstände und Aufsichtsräte  für die in 740 Unternehmen zersplitterte Bahn richtig Geld. Bei Bundes- und Reichsbahn kam ein Bahndirektor auf 50 Beschäftigte, heute ist jeder Neunte bei der Bahn Manager. Für uns ist klar: Mehr Bahn für alle gibt es nur mit mehr Personal auf den Bahnhöfen und in den Zügen, mit menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und auskömmlicher Bezahlung. Und dazu benötigen wir mehr Züge  und die Beseitigung der Flaschenhälse im Streckennetz.  Wettbewerb und Gewinnmaximierung sind bei der Bahn auf den Prellbock gefahren. Wir finden: Bahn ist Daseinsvorsorge, sie muss endlich gemeinnützig werden, komplett!

Herzlich grüßen
für das Bündnis Bahn für Alle

Carl Waßmuth   |   Katrin Kusche

PS: Am 3. September ist Volker Wissing 1000 Tage im Amt. Wir hatten vor, ihm zu seinem Jubiläum die Unterschriften unserer beiden Petitionen zu übergeben. Nun wurden wir gebeten, noch etwas mehr Zeit zum Sammeln zu geben, vor allem für unsere neue Petition „Bahnfahren: Ja! Digitalzwang: Nein!“ Dem geben wir gern statt und verlängern den Sammelzeitraum um vier Wochen.

PPS: Die ersten beiden Auflagen unserer Zeitung „Schluss mit dem Bahnopoly: Das ist doch unsere Bahn!“ sind vergriffen, dabei konnten wir nicht alle Bestellungen bedienen. Helfen Sie uns mit einer Spende, damit wir eine dritte Auflage drucken können.

PPPS: Leiten Sie unsere Mail gern an Bahn-Freundinnen und -Freunde weiter.

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