Rundbrief Ausgabe 57 // 12. Oktober 2023

Wem gehört die Bahn, wer steuert sie

Liebe Freundinnen und Freunde von Bahn für Alle,

darum geht es heute:

  • 9 Euro, 49 Euro, 99 Euro?
  • Bonus, Bonissimus
  • DB-Aufsichtsrat beschließt InfraGo – und unsere Antwort

Das 9-Euro-Ticket, eingeführt als Teil des Energie-Entlastungspaketes, entwickelte sich zum Renner. Eine Abstimmung mit den Füßen – endlich Schluss mit der Kleinstaaterei! Bahnfahren wurde für alle erschwinglich. Der Nachfolger, das 49-Euro-Ticket, ist gut fünfmal so teuer, und dennoch regt das Konzept der bundeseinheitlichen Dauerfahrkarte dazu an, das Auto stehen zu lassen. Dabei wird deutlich, dass für die Verkehrswende viel zu wenig Züge angeboten und zu wenig Personal vorgehalten werden. Was tun? Verkehrsminister Wissing möchte die Geister, die er rief, gern so teuer machen, dass diese Vielbahnfahrerei schnell wieder aufhört. Wir finden: Nach Jahrzehnten rückständiger Verkehrspolitik gab das 9-Euro-Ticket den richtigen Impuls. Jetzt gilt es, daran anzuknüpfen. Also: Personal einstellen, neue Züge kaufen, Flaschenhälse beseitigen und soziale Schieflagen ausgleichen: Auch das Sozialticket muss bundesweit gelten, und Kinder sollten gratis fahren dürfen.

Bonus, Bonissimus

Wenn Geld für das 49-Euro-Ticket fehlt, könnte im Management der Bahn viel Speck abgeschmolzen werden. Bundesbahn und Reichsbahn hatten vor 30 Jahren zusammen 6.000 Bahndirektoren, bei insgesamt fast doppelt so vielen Beschäftigten wie heute. Aktuell haben wir 20.000 Bahnmanager, die im Durchschnitt geschätzt pro Kopf 100.000 Euro im Jahr kosten. Einige bekommen sogar mehrere Millionen Euro jährlich. Macht zusammen allein zwei Milliarden Euro jedes Jahr. Wir finden: Für eine Bahn, die ganz offensichtlich nicht mehr richtig funktioniert, ist das viel zu viel Geld. Angeblich will die Politik nun Anreize für mehr Gemeinwohl setzen. Wie wäre es mit dieser Ansage: DB-Management – setzen, Sechs. Eure Gehälter werden halbiert. 100 Prozent Gehalt gibt es erst wieder bei 100 Prozent Pünktlichkeit.

DB-Aufsichtsrat beschließt InfraGo

Das zentrale Bahnprojekt der Ampelregierung ist die sogenannte InfraGO. Am 27. September beschloss der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn den Start der neuen AG zum 1. Januar 2024. Sie soll aus DB Netz und DB Station & Service gebildet werden, bestehende Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge sollen vorerst übertragen werden. Das "GO" in InfraGO steht dabei für "Gemeinwohl-Orientiert". Wir finden, es ist an der Zeit, die Schamlosigkeit herauszuarbeiten, die darin steckt. Vor 15 Jahren, am 27. Oktober 2008, sollte die Bahn an die Börse. Dass es nicht dazu kam, hing mit der Lehman-Pleite zusammen, aber nicht nur. In den Jahren zuvor konnte Bahn für Alle nämlich schon mehrere Anläufe vereiteln. Mit der Finanzkrise und weltweit frei fallenden Aktienkursen wurde der Unsinn einer börsengehandelten Bahn dann offensichtlich. Die DB gehört also weiterhin zu 100 Prozent der Allgemeinheit, aber wem dient sie? Auch uns allen? Jetzt wird eigens eine Konzernstruktur gebildet, die sich am Gemeinwohl orientieren soll. Woran orientiert sich der Rest der DB? Und an wessen Wohl orientiert sich die gesamte DB AG schon die ganzen 30 Jahre ihres Bestehens seit der Bahnreform 1994?

Etwas ist damals gründlich schiefgelaufen, und das muss endlich korrigiert werden. Dass Schienen und Züge zusammen gedacht, geplant und betrieben wurden, war definitiv nicht der Fehler, im Gegenteil: Dieses letzte Stück Verbund hat uns bisher vor dem Systemkollaps bewahrt. Die DB verletzt massiv Gemeinwohlinteressen, indem das Management aus Fahrgästen, Beschäftigten und Infrastruktur Gewinne saugt. Diese Gewinne für die Staatskasse werden nur durch vielfach höhere staatliche Subventionen ermöglicht. Mit anderen Worten: Die einzigen, die in der 30-jährigen Geschichte der DB AG jemals Gewinne gemacht haben, sind DB-Manager und ihre Freunde in der Autoindustrie und der Immobilienwirtschaft. Deswegen finden wir: Die ganze Bahn muss gemeinnützig werden, und zwar jetzt! Um den Prozess zu starten, genügt ein simpler Antrag beim Finanzamt. Der 1. Januar 2024, der 30. Geburtstag der DB AG, wäre ein gutes Datum dafür. Wenn noch etwas fehlt an der Gemeinnützigkeit der Bahn, wird man seitens des Finanzamts gern Hilfestellungen geben, wie die Gemeinnützigkeit zu erreichen ist.

Herzlich grüßen

für das Bündnis Bahn für Alle

Carl Waßmuth   |   Katrin Kusche

PS: Mit der Botschaft „Die ganze Bahn muss gemeinnützig werden!“ standen wir auch vor dem DB-Tower (siehe Foto), unsere Pressemeldung dazu gibt es hier: https://bahn-fuer-alle.de/keine-halben-sachen-machen-die-ganze-bahn-muss-gemeinnuetzig-werden-infra-nogo/

PPS: Haben Sie unseren zugehörigen Unterschriftenaufruf schon im Freundes- und Bekanntenkreis empfohlen? Wenn nein – jetzt wäre eine gute Gelegenheit. Jede Unterschrift ist wichtig! Hier der Link: https://bahn-fuer-alle.de/die-ganze-bahn-muss-gemeinnuetzig-werden/

PPPS: Leiten Sie unsere Mail gern an Bahn-Freundinnen und -Freunde weiter.

INFOBOX/PRESSESCHAU (Auswahl)

Presse-/Medienreaktionen auf Bahn für Alle seit dem letzten Rundbrief:

junge Welt | 28.09.2023: "Aufspaltung der Bahn. Herauslösung des Schienennetzes rückt näher. Managerbezüge steigen weiter". Ralf Wurzbacher ordnet in seinem Artikel die Ergebnisse der DB-Aufsichtsratssitzung ein und befasst sich dabei auch mit den Forderungen von Bahn für Alle.

Deutschlandfunk | 28.09.2023:  "Bahn-Aufsichtsrat macht Weg frei für Strukturreform – InfraGo kommt".

Tagesspiegel | 27.09.2023: Die einen frohlocken, Bahn für Alle warnt vor einer Zerschlagung der Bahn und fordert: Die ganze Bahn muss gemeinnützig werden. Im Tagespiegel berichtet Caspar Schwietering: "Ampel reagiert auf Verspätungschaos: Jetzt wird die Deutsche Bahn umgebaut", Beitrag von Caspar Schwietering

rbb24  | 27.09.2023: Beitrag in den Nachrichten um 13 Uhr, ab Minute 2:47 (war leider nur sieben Tage lang abrufbar)

Lok-Report | 27.09.2023: "Bahn für Alle: Infra-NoGo – Stopp der Aufspaltungspläne"

junge Welt | 21.09.2023: Eine Preisanhebung beim Deutschlandticket ist aus Sicht von Bahn für Alle inakzeptabel. Mehr dazu in Ralf Wurzbachers Artikel "59-Euro-Ticket im Anflug".

Infobox: Unsere Arbeit zum Erhalt der Berliner S-Bahn

14.09.2023: Diskrepanzen zwischen Wahlversprechen und Realpolitik:
In jeweils einem Brief wendet sich EINE S-Bahn für ALLE an Verkehrssenatorin Manja Schreiner und an Stefan Evers, beide CDU, und verweist unter anderem auf die Diskrepanzen zwischen aktueller Politik, Koalitionsvertrag und Wahlversprechen. Bahn für Alle gehört zu den Günderorganisationen des Bündnisses EINE S-Bahn für ALLE.

Infobox: Unsere Arbeit für mehr Nachtzüge

07.11.2023 | Berlin: Bahn-für-Alle-Fachgespräch: „Mehr Nachtzüge für Europa. Was kann und muss die Bundesregierung tun?“ Mehr Informationen dazu gibt es im Terminkalender von Bahn für Alle.


DIE ARBEIT VON BAHN FÜR ALLE UNTERSTÜTZEN

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